Wie die Fed die Große Inflation bezwang & welche Fehler sie dabei beging

Als die Inflation ab Mitte 2021 zu wachsen begann, rechneten viele mit einem baldigen Ende. Doch auch 2022 später wächst sie weiter. Ein wichtiger Treiber der Inflation waren zu Beginn dieser Inflationsphase (und sind besonders jetzt) die steigenden Energiepreise. Daher wurden oft Parallelen zur Ölkrise von 1973 gezogen.

Damals befanden sich die USA und ein großer Teil der restlichen Welt in einer länger andauernden Inflationsphase. Die Ölkrise war ein trauriger Höhepunkt der Wirtschaftskrise, die bereits Mitte der 60er Jahre ihren Anfang nahm und bis in die 80er hinreichte. Genauso wie 2021/22 schauten die USA und andere Länder während dieser Phase gespannt auf das Treiben der US-amerikanischen Zentralbank – die Federal Reserve (Fed).

Ein alter Mann steht an der Wall Street Subway Station

Für die Fed war die Große Inflation der 70er (wie sie im Nachhinein bezeichnet wurde) nicht nur eine immense Herausforderung, sondern auch ein Wendepunkt in Sachen Geldpolitik und Selbstverständnis. Diese Krise führte dazu, dass die Fed sich aus alten Denkmustern verabschiedete und zu der Institution wurde, die sie heute ist.
Zuvor jedoch beging sie Fehler, die weitreichende Konsequenzen hatten…

Eine kurze Geschichte der Fed

Bei der Fed handelt es sich nicht um eine Einzelbank, sondern um ein Zentralbankensystem. Bevor die Institution Ende 1913 per Gesetz ins Leben gerufen wurde, erlebten die US-Amerikaner ein Jahrhundert voller Instabilität. Im Schnitt kam es alle 15 Jahre zu einer Finanzkrise.

Die Banken hielten damals große Geldreserven, die in Krisenzeiten eingefroren wurden. Tausende Bewohner kamen nicht mehr an ihr Geld, was die Rezessionen noch verschlimmerte. Es gab keine zentrale Einrichtung, die den Geldfluss regulieren konnte. Während also in Krisenzeiten Geld aus dem System abgezogen wurde, pumpten die Banken es während Boomphasen in die großen Städte – allen voran nach New York, wo es Spekulanten an den Finanzmärkten einsetzten.

Gleichzeitig war das Geldangebot durch die Bindung an Gold sehr unelastisch. Dadurch war es dem Staat nicht möglich, saisonalen Änderungen im Wirtschaftszyklus gegenzusteuern. Dies wiederum führte zu starken Zinsbewegungen. Wenn die Ernte anstand und die Geldnachfrage stieg, schossen die Zinsen in die Höhe, da nicht mehr Geld gedruckt werden konnten.

Als es 1907 wieder einmal zu einer größeren Finanzkrise kam, beschloss der Kongress die Reform des bisherigen Bankensystems und setzte dazu eine National Monetary Commission ein. Sechs Jahre später legte die Kommission den Entwurf zum Federal Reserve System vor.

Im Jahr darauf legte sie 12 Federal Reserve Distrikte fest, richtete ein Board ein und gründete Reserve Banken. Oberstes Ziel des Systems war die Stabilität des Geld- und Finanzsystems. Die Fed sollte effektiv auf Wirtschaftskrisen reagieren können beziehungsweise diese verhindern. Das Board führte eine neue Währung ein – die Federal Reserve Notes – und verpflichtete die Mitgliedsbanken des Systems, Mindestgeldreserven in ihrer lokalen Federal Reserve Bank zu halten.

Um auf eine erhöhte Geldnachfrage reagieren zu können, hatten die Mitgliedsbanken die Möglichkeit, durch Diskontgeschäfte Geld von der Fed zu erhalten. Das funktionierte so, dass die Fed Wertpapiere der Banken aufkaufte und ihnen den Gegenwartswert auszahlte. Das klappte nur mit bestimmten Wertpapieren, denn die Fed versuchte gleichzeitig, Spekulation zu verhindern.

Als es ab 1929 zu einer Weltwirtschaftskrise kam, wurden Diskontgeschäfte schwierig, denn die Banken hielten kaum noch Wertpapiere, die den Vorgaben der Fed entsprachen und erhielten so kein Geld mehr.

Während der nächsten Jahrzehnte hatte die Fed alle Hände voll zu tun. Weltkriege und Weltwirtschaftskrisen stürzten die USA in Rezessionen. Die Fed richtete ihre Ziele neu aus und passte ihre Strukturen den neuen Gegebenheiten an.

Infolge der Inflation nach dem ersten Weltkrieg konzentrierte sich die Fed stärker auf Preisstabilität und versuchte Wirtschaftszyklen stabil und moderat zu halten. Nach dem zweiten Weltkrieg sollte die Fed die Regierung dabei unterstützen, die Arbeitslosigkeit in der Bevölkerung mit Hilfe der Steuerung des Preisniveaus möglichst niedrig zu halten. Warum das nicht funktionierte und welche negativen Auswirkungen dies hatte, besprechen wir weiter unten im Text.

Neben den Zielanpassungen standen auch strukturelle Anpassungen an. Mitte der 30er Jahre wurde das >Federal Open Market Committee (FOMC) gegründet, das bis heute das zentrale geldpolitische Instrument der Fed ist. Bereits nach Ende des ersten Weltkriegs unterstützten die Reserve Banken den Staat beim Verkauf von Staatsanleihen an andere Banken und Privatanleger.

Dabei stellte sich heraus, dass diese Offenmarktgeschäfte ebenfalls die Zinshöhe beeinflussen konnten. Die Distriktbanken begannen zunächst informell ihre Geschäfte zu koordinieren. Nach mehreren Reformen wurde das FOMC schließlich 1935 verabschiedet. Seitdem besteht der Anleihemarkt so wie wir ihn heute kennen. Die Fed konnte nun offiziell die kurzfristigen Zinsen und schließlich das Preisniveau durch den Handel mit Staatsanleihen steuern.

Diese Vorgeschichte bringt uns zu einem der einschneidendsten wirtschaftlichen Ereignisse des 20. Jahrhunderts: die Große Inflation (1965 bis 1982). In der Zeit hatten Staaten rund um den Globus mit hoher Inflation zu tun, doch wir werden in den USA bleiben und uns anschauen, welche Rolle die Fed dabei spielte. Wie kam es zur Inflation, die fast zwei Jahrzehnte umspannte? Wie konnte sie sich so lange hinziehen? Und was beendete sie schließlich?

Die Große Inflation der 70er beginnt klein

Anders als oft suggeriert, beginnt die Inflationsphase in den USA nicht erst mit der Ölkrise 1973, sondern 8 Jahre zuvor. Anfang der 60er Jahre lag die Inflationsrate bei >1 bis 1,2 Prozent. Ab 1965 stieg sie kontinuierlich an.

Dies lag zum einen an den hohen schuldenfinanzierten Staatsausgaben im Zusammenhang mit dem Vietnamkrieg. Auf der anderen Seite stieß der damalige Präsident Lyndon B. Johnson ein soziales Reformprogramm an, um die Armut im Land zu senken. Neben verschiedenen Wohlfahrtsprogrammen standen vor allem Steuererleichterungen im Zentrum der Reform, die in der Folge die Wirtschaft ankurbelten. Zur gleichen Zeit führte eine erhöhte Nachfrage nach Krediten zu einer deutlichen Ausweitung der Geldmenge.

Als klar wurde, dass die Inflation weiter steigen würde, konzentrierte sich die Fed jedoch nicht auf die Reduzierung der Geldmenge, sondern versuchte mit einer Erhöhung des Leitzinses – als übliches Mittel der Wahl – der Inflation beizukommen und die Wirtschaft zu drosseln.¹

Der Leitzins ist der Zinssatz, zu dem Banken sich Geld bei der Fed beschaffen können.

Die Fed arbeitete zu der Zeit unter der Annahme, dass die Inflation durch eine zu heiß gelaufene Wirtschaft im Zuge der Steuererleichterungen verursacht wurde. Mit der Erhöhung des Leitzins setzte sie darauf, dass Unternehmen und Konsumenten durch die verteuerten Kredite ihre Investitionen zurückfahren und damit das Wirtschaftswachstum drosseln. In der Folge – so die Hoffnung – würde das Preisniveau sinken. Doch weder die zögerliche Zinserhöhung noch eine Steuererhöhung 1968 konnten die Inflation aufhalten. 1970 lag die Inflationsrate bereits bei 5,8 Prozent.

Möglicherweise hätte die Fed das steigende Preisniveau früher oder später in den Griff bekommen, auch wenn sie nur einseitig auf die Änderung des Zinsniveaus setzte. Doch es kamen noch weitere Faktoren hinzu, die die Inflation befeuerten und schließlich außer Kontrolle gerieten ließen. Einer dieser Faktoren ist der Kollaps des Bretton Woods Systems.

Bretton Woods fällt

Im Juli 1944 trafen sich Vertreter von 44 Staaten in Bretton Woods (New Hampshire), um eine internationale Währungsordnung zu beschließen. Ziel sollte sein, das nach dem Zweiten Weltkrieg wirtschaftlich am Boden liegende Europa wieder aufzubauen und in den Welthandel zu integrieren.

Kern des Abkommens war die Festlegung des Dollars als Ankerwährung für alle anderen Währungen. Das bedeutet, dass diese Währungen stets in einem festen Umtauschverhältnis zum Dollar stehen. Sollten die Währungen mehr als 1 Prozent von diesem Verhältnis abweichen, mussten die Zentralbanken der Mitgliedsländer am Devisenmarkt (dem Ort, an dem Währungen getauscht werden) eingreifen und je nach Umstand die eigene Währung durch Dollarkäufe und -verkäufe auf- oder abwerten.

Wenn ein Land beispielsweise mehr Waren in die USA exportiert als es importiert führt dies zu einer Aufwertung der einheimischen Währung. Wird die Währung zu sehr aufgewertet, muss die Zentralbank des Landes intervenieren und Dollar aufkaufen. Sie bietet auf dem Devisenmarkt die eigene Währung zum Kauf an und fragt verstärkt Dollar nach, wodurch erstere wieder abgewertet wird.

Gleichzeitig wurde der Dollar an Gold gebunden. Eine Unze Gold sollte zu jeder Zeit in 35 Dollar getauscht werden können und umgekehrt. Um dieses fixe Verhältnis halten zu können, war die Fed verpflichtet, Gold unbegrenzt gegen Dollarreserven im Ausland zu kaufen beziehungsweise zu verkaufen.

Damit das System funktionierte, wurde die Weltbank und der Internationale Währungsfonds ins Leben gerufen. Mit Hilfe von Krediten konnten die Länder ihre Handelsbilanzen ausgleichen. In den 50er Jahren führte dies zu einem wirtschaftlichen Aufschwung in Europa. Dann zeigten sich jedoch die Nachteile für die USA.

Die Teilnehmerstaaten hielten die fixen Dollarkurse durch Käufe und Verkäufe ihrer einheimischen Währung gegen Dollar. Durch das wachsende Handelsvolumen stieg die Nachfrage nach Dollar. Irgendwann konnten die im Ausland gehaltenen Dollar nicht mehr durch die Goldreserven der US-Banken gedeckt werden. Hätten alle gleichzeitig Dollar gegen Gold tauschen wollen, hätten die Banken dem nicht nachkommen können.

Und als die Inflation in den USA weiter stieg, passierte genau das. Alle wollten ihre Dollar loswerden und Gold dafür erhalten. Dies befeuerte die Inflation. 1971 stoppte Richard Nixon (der mittlerweile Präsident der USA war) diesen Umtausch, zwei Jahre später endete das Bretton Woods System offiziell. Die Staaten gingen nun in flexible Wechselkurse über.

Für die Fed wurde es nun immer schwieriger, die Situation zu kontrollieren. Und ein Denkfehler der Fed und auch der US-Regierung verschlimmerte die Lage weiter. Hier kommt nun die Arbeitslosigkeit ins Spiel und das Festhalten an der sogenannten Phillipskurve.

Die Phillipskurve – Eine Senkung der Arbeitslosigkeit wird mit hoher Inflation erkauft

Die Phillipskurve entstand zu einer Zeit, in der sich unter Ökonomen bereits die Ansicht durchgesetzt hatte, dass Inflation nichts komplett schlechtes ist und dass eine moderate Inflation durchaus positive Auswirkungen auf die Wirtschaft haben kann.

1958 veröffentlichte A.W. Phillips eine Untersuchung, die ergab, dass es einen negativen Zusammenhang zwischen der Arbeitslosenrate und der Änderungsrate von Nominallöhnen in Großbritannien gab. Paul Samuelson und Robert Solow leiteten 1960 daraus die Phillipskurve ab. Diese zeigte nun einen negativen Zusammenhang zwischen der Arbeitslosenrate und der Inflationsrate. In anderen Worten kann man sagen, dass eine höhere Inflationsrate mit einer Senkung der Arbeitslosigkeit einhergeht – dass es scheinbar einen sogenannten Tradeoff zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit gibt.²

Doch während Phillips‘ Untersuchungen nie als politisches Instrument angelegt waren, wurde die abgeleitete Kurve als genau dieses eingesetzt. Samuelson und Solow erklärten zwar, dass dieser Tradeoff nicht von Dauer ist, doch in der US-Regierung und der Fed verfestigte sich die Ansicht, das eine mit dem anderen dauerhaft erkaufen zu können. Dies trug zur expansiven Geldpolitik bei.

Als die Inflation dann jedoch in vollem Gange war, konzentrierte die Fed sich weiter auf eine Senkung beziehungsweise Stabilisierung der Arbeitslosigkeit. Doch der Tradeoff funktionierte irgendwann nicht mehr. Sowohl die Inflation als auch die Arbeitslosenraten stiegen. Aber woran lag das?

Inflationserwartungen machen den Tradeoff zunichte

In der Theorie dachte man, dass mit einer expansiven Geldpolitik die Wirtschaft angekurbelt wird. Unternehmen investieren in die Ausweitung ihrer Produktionskapazitäten, dadurch werden Arbeiter eingestellt. Die Arbeitslosenrate sinkt. Ein höherer Geldumlauf bedeutet gleichzeitig einen Anstieg der Inflationsrate (auch wenn dieser Zusammenhang von der Fed nicht ernst genommen wurde). Politiker instrumentalisierten also die Inflation, in der Erwartung, die Arbeitslosigkeit zu senken.

Dass dieses Modell nur einen kurzfristigen Zusammenhang wiedergibt und sich nicht zum politischen Gebrauch eignete, hat unter anderem mit den Inflationserwartungen zu tun. Seit 1965 stieg die Inflation mit wenigen Unterbrechungen kontinuierlich. Schließlich erwartete auch die Bevölkerung weiter steigende Preise. Die Arbeiter forderten höhere Löhne, um den erwarteten Kaufkraftverlust abzufedern.

Durch steigende Löhne erhöhten sich die Produktionskosten der Unternehmen. Diese werden dann an die Konsumenten weiter gegeben – die Preise steigen. Dies wiederum kann nicht unendlich durch eine Ausweitung der Produktionskapazitäten unterfüttert werden, da die Nachfrage fehlt. Hier ist von der Lohn-Preis-Spirale die Rede, die dazu führen kann, dass Produktionskapazitäten wieder zurückgefahren werden und Mitarbeiter entlassen werden müssen.

Die Inflation stieg weiter und mit ihr ab 1970 auch die Arbeitslosenrate.

Öl ins Feuer

Die Nachfrage nach Öl war in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen. Da die USA den eigenen Bedarf nicht decken konnte, importierte sie großen Mengen an Öl vor allem aus den arabischen Staaten. Als es 1973 zum >Yom Kippur Krieg kam und die USA politisch auf der Seite Israels stand, drosselte die Organisation der arabischen erdölexportierenden Länder (OAPEC) ihre Fördermengen und schränkte damit die Ausfuhr von Öl weltweit und an die USA ein. In der Folge stieg der Preis für ein Barrel Öl von ungefähr 3 Dollar auf ganze 12 Dollar.

Dieser Anstieg verschlimmerte die Inflation. Zur Geldmengeninflation gesellte sich eine Angebotsinflation. Das bedeutet, dass bei wachsender oder gleichbleibender Nachfrage das Preisniveau steigt, wenn das Angebot zurück geht.

1979/80 kam es erneut zu einer Erhöhung des Ölpreises. Die Ursachen waren diesmal Förderungsausfälle, eine wachsende Unsicherheit nach der Islamischen Revolution im Iran und in deren Folge der Beginn des ersten Golfkrieges. Die Auswirkungen waren wieder die gleichen. Diesmal stieg der Preis für einen Barrel auf 38 Dollar. Die Inflationsrate in den USA betrug nun >13,5 Prozent.

Die Fed spielt Ping Pong mit den Zinsen

Die Fed war während dieser Zeit nicht untätig, doch sie arbeitete mit veralteten ökonomischen Theorien (wie der Phillipskurve) und suchte die Ursache für die Inflation an der falschen Stelle. Nach Meinung vieler Ökonomen der Fed lag die Inflation an einer überhitzten Wirtschaft. Den Zusammenhang mit der erhöhten Geldmenge sahen sie nicht. Gleichzeitig operierten sie mit Daten, die nicht belastbar waren. In der Folge überschätzten die Fed-Mitarbeiter das Wirtschaftswachstum und unterschätzten die Arbeitslosigkeit.

Das Mittel der Wahl war zu der Zeit der Leitzins. Dieses Instrument wurde nur kurzfristig angesetzt, um die Wirtschaft abzukühlen beziehungsweise anzuheizen. Das sah dann folgendermaßen aus: Ab 1965 stieg die Inflation, die Fed vermutete eine Aufblähung der Wirtschaft durch die sozialstaatlichen Maßnahmen. Also erhöhte sie die Zinsen in kleinen Schritten. Die Inflationsrate ging zurück, die Fed senkte die Zinsen. Darauf nahm die Inflation wieder zu. Dieses Hin und Her durchzog auch die 70er Jahre. Die erste Ölkrise trieb die Inflation 1974 auf 11 Prozent, die Fed erhöhte die Zinsen auf 8 Prozent. Die Inflation ging wieder zurück, stieg ab 1976 jedoch wieder konstant nach oben.

Das lag nicht nur an der mangelhaften Geldpolitik, sondern auch daran, dass sich die US-Wirtschaft ab 1970 in einer Stagflation befand.

Stagflation bedeutet, dass bei hoher oder steigender Inflation die Wirtschaft stagniert, also nicht wächst.

Wie wir im Abschnitt über die Phillipskurve gesehen haben, herrschte bei einer hohen Inflationsrate auch eine hohe Arbeitslosenrate. Die Reallöhne gingen zurück und die Forderungen nach Lohnerhöhungen wurden lauter. Nixon versuchte 1971 durch Lohn- und Preiskontrollen die Inflation zu beherrschen, aus Angst, höhere Löhne könnten die Inflation befeuern. Das funktionierte nur kurzfristig. Ab 1972 stiegen die Zahlen wieder und die Fed war wieder an der Reihe, kurzfristig die Zinsen zu erhöhen.

Mittlerweile hatte die Bevölkerung das Vertrauen in die Maßnahmen von Fed und Regierung verloren und dann kam die zweite Ölkrise. Die Fed musste dringend ihre Strategie ändern. Und das tat sie als 1979 einer neuer Präsident für das Federal Reserve System ernannt wurde: >Paul Volcker.

Das Blatt wendet sich

Während der 70er Jahre beschäftigten sich zahlreiche Ökonomen innerhalb und außerhalb der Fed mit der Wirtschaftskrise. Sie untersuchten die Ursachen der Inflation, die Gründe für die gescheiterten Maßnahmen und Wege, das Land aus der Krise zu führen. Bevor Volcker 1979 Präsident der Fed und Vorsitzender des FOMC wurde, meldeten sich innerhalb des Komitees vermehrt Stimmen, die zu der Erkenntnis kamen, dass man weg von den Arbeitslosenzahlen gehen sollte und sich mehr auf die Preisstabilität konzentrieren müsse.

Der Zusammenhang mit der expansiven Geldpolitik wurde unter Volcker stärker in den Mittelpunkt gerückt. Das Mittel der Wahl waren wieder die Zinsen. Doch anders als zuvor wurden sie nicht kurzfristig und in kleinen Schritten erhöht. Bis 1981 erhöhte die Fed die Zinsen auf 14 Prozent und das trotz einer Arbeitslosenrate von über >10 Prozent.

Die US-Wirtschaft rutschte in mehrere Rezessionen. Tausende von Unternehmen gingen pleite. Doch die Fed blieb bei ihrer Strategie und die Maßnahmen zeigten schließlich Erfolge. Die Inflation ging zurück: von 13,5 Prozent in 1980 auf 3,5 Prozent im Jahr 1985 und blieb nachhaltig unten.

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Die Fed schafft den Sprung in die Moderne

Zur Großen Inflation der 70er gibt es unzählige Untersuchungen, die sich auf unterschiedliche Aspekte konzentrieren. Ich habe versucht, die wichtigsten Punkte zusammenzufassen und aus den Erkenntnissen eine plausible Geschichte zu erzählen. Zum Gewicht der einzelnen Punkte für den Verlauf der Krise gehen die Meinungen auseinander. Doch Konsens ist, dass die Inflation durch eine expansive Geldpolitik ausgelöst, durch das Ende des Bretton Woods Systems, die Instrumentalisierung der Arbeitslosenrate und die beiden Ölkrisen befeuert und schließlich durch eine harte aber gezielte Geldpolitik der Fed beendet wurde.

Die Fed emanzipierte sich aus veralteten ökonomischen Ansichten und lernte aus ihren Fehlern. Trotz Rezession erlangte sie das Vertrauen der Bevölkerung wieder und verwandelte sich in eine moderne Notenbank.

Inwiefern wir hier Parallelen zur >Inflation 2021/22 ziehen können, lässt sich schwer beantworten. Ich denke, ich konnte deutlich machen wie komplex Wirtschaftskrisen sein können. Hier geht es nicht nur um Wirtschaftsdaten, makroökonomische Theorien und Zinsen. Auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die Erwartungen und das Vertrauen der Bevölkerung spielen wichtige Rollen bei der Wahl der geeigneten Maßnahmen.

Aus dieser Krise wurden weltweit viele Lehren gezogen, die auch in die aktuelle Politik einfließen: eine wichtige Rolle spielen mittlerweile die Inflationserwartungen der Bevölkerung und der Unternehmen; auch hat man sich seit den 70ern von veralteten makroökonomischen Theorien verabschiedet. Doch jede Krise ist anders und wir werden erst am Ende genauer wissen, welche Maßnahmen zu welchen Ergebnissen geführt haben.

Quellen

https://www.federalreservehistory.org/

1 https://www.richmondfed.org/publications/research/econ_focus/2016/q3-4/federal_reserve

2 http://www.fsb.miamioh.edu/fsb/ecopapers/docs/hallte-2010-08-paper.pdf

Portrait vom Autor dieses Artikels
Über Birgit Hünniger

Ich bin Finanzberaterin und unterstütze die Finanzküche bei ihrer operativen und visionären Arbeit. Meine Aufgabenbereiche sind die Führung von Beratungsgesprächen inkl. Vor- und Nachbereitung, sowie die Erstellung von Beiträgen für Blog und Newsletter.