Wie ein scheinbar unbedeutender Moment mein Leben veränderte …
Ich sitze in der Straßenbahn. Den Blick apathisch auf mein Smartphone gerichtet. Meine Finger manövriere ich geschickt durch die aktuellen Nachrichten. Nebenbei chatte ich bei Facebook. Unvermittelt hebe ich meinen Kopf und lasse den Blick schweifen.
Die Bahn ist voll. Doch Augenkontakt habe ich an diesem Morgen mit niemandem. Alle haben den Kopf gesenkt. Den Blick starr aufs Smartphone gerichtet. Glücklich sieht keiner aus …
An diesem Morgen auf dem Weg zur Uni wurde mir zum ersten mal klar:
Wenn dieses Leben der Gipfel der Schöpfung sein soll, dann möchte ich ins Tal zurück. Irgendwo zwischen dem ersten Entzünden eines Feuers, der Industriellen Revolution und dem Informationszeitalter ist etwas mächtig schief gelaufen … zumindest für mich.
Inhaltsverzeichnis
Hand aufs Herz. Eigentlich wollen wir nur eins:
Glücklich sein.
Als ich noch klein war, haben mich die einfachsten Dinge begeistert. Knisterndes Geschenkpapier, Bauklötzchen, ein Schlüsselbund oder ein Brummkreisel. Die Welt war so unheimlich groß – und ich so klein. Es gab so viel zu entdecken!
Im Schlaf habe ich die wildesten Dinge geträumt. Eines Nachts versteckte ich mich im Wandschrank meiner Oma, während draußen der böse Wolf seine Kreise zog. Ich hatte ganz schön schiss … Frühs bin ich dann wohlbehalten aufgewacht und die Welt war wieder in Ordnung. Selbst im Schlaf erlebte ich die tollsten Abenteuer!
Dann begann für mich die Schule. Früh raus aus den Federn und ab auf die Schulbank. Den halben Tag still sitzen. Die Welt gab es jetzt vermehrt an der Tafel und in Schulbüchern zu entdecken. Ganz ehrlich … 80 Prozent der Zeit langweilte ich mich zu Tode. Die reinste Qual. Logisch, dass mein Entdeckungsdrang mit der Zeit einschlief. So ging es ganze 12 Jahre lang. Je älter ich wurde, umso weniger Zeit hatte ich für alles, was mir Spaß machte.
Die Odyssee durch die Hörsäle
Nach dem Abi kam ich auf die bescheuerte Idee mich an der Uni einzuschreiben. Das machte man eben so. Dabei hatte mir schon der Schulunterricht keinen Spaß gemacht. Wenig überraschend änderte sich das an der Uni nicht. Zunächst dachte ich, ich hätte den falschen Studiengang gewählt und wechselte.
Heute weiß ich, ich steckte im falschen Bildungssystem fest.
Aus Biologie wurde Energie- und Umwelttechnik. Damit war der Wahnsinn aber noch nicht vorbei. Nach zwei Semestern machte sich erneut Ernüchterung bei mir breit …
So nahm ich die plötzliche Trennung von meiner damaligen Freundin zum Anlass, ein zweites Mal den Studiengang zu wechseln.
Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.
– Albert Einstein
Wenn es nach dem guten alten Einstein geht, war ich ein Wahnsinniger. Aus heutiger Sicht gebe ich ihm recht. Damals sah ich das anders. Die Leidenschaft würde mich schon packen. Wirtschaft war schließlich genau mein Ding! Seit Jahren beschäftigte ich mich bereits mit Aktien. Was sollte da noch schief gehen?
Müßig zu erwähnen, dass mich die Leidenschaft nicht gepackt hat. Schulbänke und Hörsäle sind nichts für mich …
Und doch wurde meine Hartnäckigkeit belohnt. Bei einer Mathevorlesung lernte ich meine Freundin kennen und sammelte erste Erfahrungen in der Finanzbranche. Mein heutiger Lebensweg begann sich abzuzeichnen. Einstein hat anscheinend vergessen zu erwähnen, dass auch ein Wahnsinniger ans Ziel kommen kann.
Zeit, Normen zu brechen
Dann kam der Tag in der Straßenbahn und mir wurde bewusst, dass ich die vorgegebenen Pfade verlassen musste. Hättest du mich davor gefragt, was ich mir vom Leben erwarte, ich hätte geantwortet:
Einen gut bezahlten Job, hübsche Frau, tolles Auto und eine fette Hütte.
Alles drehte sich ums Geld. Ich wollte andere Menschen beeindrucken. Selbst die Frau klang in dieser Aufzählung wie ein Statussymbol. Getreu dem Motto:
Ich kaufe Dinge, die ich nicht brauche, mit Geld, welches ich nicht habe, um Leute zu beeindrucken, die ich nicht mag.
Und das sollte mich glücklich machen? Höchste Zeit, umzudenken. Ich wollte wieder Freude an den kleinen Dingen im Leben haben. Nach und nach stellte ich einiges auf den Prüfstand. Bis heute bin ich damit nicht fertig.
In einem ersten Schritt habe ich dem Strukturvertrieb, bei dem ich damals arbeitete, den Rücken gekehrt. Ich machte mich selbständig. Die Entscheidung fiel mir nicht leicht. Von jetzt auf gleich brach der Kontakt zu einer Gruppe von Menschen ab, mit denen ich mich gut verstand. Doch lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende …
Im nächsten Schritt gründete ich die Finanzküche. Hier konnte und kann ich meine drei Leidenschaften
- Schreiben
- Kochen
- und Finanzen
verbinden.
Zeit, glücklich zu sein
Ein gut bezahlter Job, tolle Autos, ein fettes Haus – all das nützt mir nichts. Diese Dinge wollte ich nur, um andere Menschen zu beeindrucken. Zufrieden wäre ich durch sie nicht geworden. Im Gegenteil, auf der Suche nach ihnen, habe ich Wichtigeres aus den Augen verloren.
Viel bedeutender als das Streben nach materiellen Zielen, ist es für mich heute auf meinem Weg durch das Leben glücklich zu sein. Ich möchte meine Arbeit genießen und nicht nur den Verdienst aus ihr.
In der Vergangenheit habe ich mich zu sehr auf eine Zukunft konzentriert, die vielleicht niemals eingetreten wäre. Noch heute habe ich Probleme das Hier und Jetzt zu genießen. Dem Hier und Jetzt muss sich auch meine Geldanlage unterordnen. Seit einigen Monaten habe ich keinen Cent mehr investiert. Jeder verfügbare Euro fließt in meine berufliche Weiterentwicklung. Geld in ein fremdes Unternehmen zu investieren, während ich ein eigenes aufbaue, macht aus meiner Sicht keinen Sinn …
Die Gegenwart
Der Anfang ist gemacht. Während ich diese Zeilen schreibe, bin ich zufrieden. Wenig von dem, was ich heute mache, dient dazu, anderen Menschen zu gefallen – für mich die bisher größte Leistung. Ob ich dabei „erfolgreich“ und „vermögend“ werde? Wer weiß das schon …
Alles, was ich weiß, ist, dass es mir heute wieder Spaß macht zu Lernen. Ich gehe wieder gerne auf Arbeit und genieße die Zeit mit meiner Familie.
Stück für Stück werde ich zufrieden auf meinem Weg – auch wenn es noch ein weiter ist. Die alten Ziele rücken dabei immer weiter in den Hintergrund. Das neue Ziel ist sowieso ein anderes:
Ich will glücklich sein.
Was ist dein Ziel?
Dein Finanzkoch
Christoph Geiler
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