Provision vs. Honorar: Interview mit Versicherungsmakler Markus Haybach

Die Versicherungsbranche wird häufig als intransparent wahrgenommen. Das liegt nicht zuletzt am traditionellen Vergütungsmodell. Provisionen werden nicht eindeutig ausgewiesen, die Zusammensetzung der Prämien bleibt meist unklar.

In den letzten Jahren arbeitet auch die Versicherungsbranche zunehmend mit Honorarmodellen als Ergänzung zum bisherigen Angebot. Es verspricht mehr Transparenz, hat aber einige Nachteile.

Um zu ergründen, was Provision und Honorar für Kundinnen und Kunden bedeuten, haben wir mit Markus Haybach gesprochen. Markus ist Versicherungsmakler und Inhaber der >risk007 GmbH in Leipzig. Er erklärt uns, welches Vergütungsmodell, wann und für wen sinnvoll ist und warum er in seinem Unternehmen überwiegend auf die Provisionsvergütung setzt.

Markus Anfänge: Vom Versicherungsvertreter zum Versicherungsmakler

Wie bist du in die Versicherungsbranche gekommen? Und was genau machst du als Versicherungsmakler?

Gute Frage, da muss ich weit ausholen, weil ich mich mittlerweile schon ein paar Jahre in der Branche herumtreibe. Ich habe 2006 mit einer Ausbildung zum Kaufmann für Versicherungen und Finanzen bei der Victoria-Versicherung angefangen, also direkt bei einer Versicherungsgesellschaft. Das ist mittlerweile 16 Jahre her. Nach der Ausbildung habe ich noch ein Stück als Angestellter bei der Versicherung gearbeitet und bin dann auf den Tag genau 1 Jahr lang Versicherungsvertreter für die Victoria/Ergo gewesen.

In der Zeit gab es eine Übernahme und aus der Victoria wurde Ergo. Die Ergo werden, denke ich, viele kennen; Victoria vielleicht nur die Älteren. Ich bin, wie gesagt, auf den Tag genau ein Jahr Versicherungsvertreter gewesen, damals noch in Gera. Dann habe ich mich aus privaten Gründen regional umorientiert und bin mit meiner Frau zusammen nach Leipzig gezogen, weil ich aus dem ländlichen Bereich komme und wir haben uns gesagt: „Ja, wir wollen in eine große Stadt in der Nähe.“
Währenddessen habe ich mich auch beruflich umorientiert und meinen Nachfolgeberuf vorbereitet – nämlich >Versicherungsmakler.

Ich hatte das Ziel, mich als Makler in Leipzig selbständig zu machen. Das habe ich dann am 01.12.2010 – das ist mittlerweile 12 Jahre her – auch getan. Und bin das mit ein paar Änderungen bis heute. Mittlerweile gibt es eine GmbH, die das Ganze übernommen hat: die risk007 GmbH. Wir sind mittlerweile eine Hand voll Leute; Damen und Herren, die uns tatkräftig unterstützen und unsere Kunden beraten, bedienen, verwalten – was alles zum Versicherungsmakleralltag dazu gehört.

Du hattest erzählt, dass du vorher bei der Victoria als Versicherungsvertreter gearbeitet hast. Was genau ist denn der Unterschied zwischen Vertreter und Makler?

Das ist eine gute Frage. Zumindest was den ersten Teil, den Versicherungsvertreter betrifft, kommt das schon aus dem Namen heraus. Denn der Vertreter vertritt jemanden. In dem Fall vertritt der Vertreter die Versicherungsgesellschaft, also die Interessen der Versicherungsgesellschaft. Auch wenn viele, die bei einem Versicherungsvertreter Kunde sind und ein über Jahre und Jahrzehnte gewachsenes Vertrauensverhältnis haben, ist es rechtlich so, dass der Vertreter die Interessen der Versicherungsgesellschaft vertritt – auch im Schadensfall oder bei Abschluss von Verträgen. Das ist vielen gar nicht so bewusst.

Der Makler hingegen arbeitet im Auftrag des Kunden und deshalb haben wir Versicherungsmakler auch einen sogenannten Maklervertrag, den wir mit unseren Kunden schließen plus Vollmacht und Datenschutzerklärung. Was heutzutage alles dazu gehört. Dieser Vertrag regelt die gegenseitigen Rechte und Pflichten. Ganz vereinfachend kann man sagen, dass wir für den Kunden arbeiten und dessen Interessen herausgestellt sind. Das heißt, wir schauen auf den Markt: wo finden wir das beste, das sinnvollste Angebot für den Kunden und wo kann man noch etwas einsparen, je nachdem was die Zielstellung ist.

Wir haben, was diesen Unterschied betrifft, keine Vorgaben. Das heißt, wir sind nicht daran gebunden, dass wir Produkt A, B, C von Gesellschaft X, Y, Z in gewissen Zeiträumen oder Stückzahlen vermitteln müssen. Das ist bei Vertretern ganz anders. Die kriegen dann Reisewettbewerbe, Jahreswettbewerbe, wo soundsoviel Stück oder Umsatz in dieser oder jenen Sparte gemacht werden muss, egal ob der Kunde das gerade braucht oder nicht.

Also arbeitet ihr unabhängiger mit einem großen Pool an Versicherungen, aus dem dann je nachdem, was der Kunde möchte und braucht, ausgewählt werden kann.

Genau.

Die Vergütungsmodelle im Überblick

In der Regel werden Versicherungsmakler über eine Provision bzw. Courtage von den Versicherungsgesellschaften bezahlt oder vergütet. Ihr habt aber noch ein Modell mit Honoraren. Kannst du grob umreißen, wie die beiden Modelle bei euch funktionieren?

Du hast Recht, wir können beides. Normalerweise nicht gleichzeitig, sondern Provision/Courtage oder Honorar.

Erstmal zum Thema Provision / Courtage: Courtage ist eher Maklersprech für Provision, das klingt für viele angenehmer als Provision. So ist der Berufszweig/die Branche seit Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten (Versicherungsmakler gibt es schon eine ganze Ecke) gewachsen. Trotz dessen, dass der Kunde der Auftraggeber ist und das Auftragsverhältnis im Namen des Kunden passiert, vergütet im Regelfall der Versicherer den Abschluss eines Versicherungsvertrages, wenn er zustande kommt; oder aber – und das ist ein ganz großer Teil unserer Arbeit – er vergütet auch den Bestand.

Wir leben in der Regel nicht nur davon, dass wir den Vertrag abschließen und sind dann weg. Das ist nicht unser Ansatz. Sondern wir wollen mit den Kunden langfristig zusammenarbeiten. Ich habe noch so 30 oder 35 Jahre vor mir und da möchte ich in der Zeit eine gute Arbeit leisten. Und in der Zeit passiert auch bei unseren Kunden viel. Sie kriegen ein Kind, sie heiraten, es stirbt jemand, da kommt ein neues Kfz, da braucht jemand eine Änderung der Berufsunfähigkeitsversicherung, weil er mehr verdient – ganz viele Dinge, die im Leben passieren können.

Für diese Betreuungsleistung, die über die Jahre hinweg bei unserer Arbeit mit drin steckt (wo die eine Versicherung vielleicht mehr Zeit in Anspruch nimmt, die andere weniger) gibt es neben der typischen Abschlussprovision die laufende Provision oder Courtage. Und von der decken wir einen Großteil unserer laufenden Kosten: Personal, Versicherungen (Vermögensschadenhaftpflicht für Falschberatungen zum Beispiel), Büroräume, IT und so weiter. Das ist im groben das klassische Modell, wie es in der ganz großen Masse läuft. Mit großer Masse meine ich über 95 Prozent bezogen auf unsere Einnahmen, die die Firma risk007 betrifft.

Die andere Variante ist das Honorar. Das kann auch in bestimmten Punkten kombiniert werden. Die Finanzküche-Zuhörer werden das Wort Honorar vermutlich schon einmal gehört haben oder kennen. Bei uns ist es so, dass es eher eine seltene bzw. eine Ausnahmeregelung ist, wenn der Kunde das aktiv nachfragt. Das heißt nicht, dass wir das nicht tun oder möchten. Wir sprechen sogar die Möglichkeit im Erstgespräch bei unseren Kunden mit an und sagen: „Hier, es gibt diese Möglichkeit.“ Es ist nur so, dass in der ganz großen Masse – und das sind über 90 Prozent – der Kunde das von sich aus ohne Anstupsen von unserer Seite so gut wie nie nachfragt. Er denkt zwar kurz über die Vergütungsmodelle nach, aber macht sich keine größeren Gedanken, was das für Konsequenzen haben könnte.

Wie machen wir das: Wir haben eine Gebührenordnung, die wir uns gemeinsam mit Kollegen teilen. Wir haben bestimmte Prozesse, sei es Beratung zur Arbeitskraftabsicherung, was dann in Richtung Berufsunfähigkeitsversicherung geht oder Betreuung und Verwaltung von Privatsachversicherungen (Haftpflicht, Hausrat, etc.). Wir haben Gebührensätze und rufen die auf, wenn der Kunde sagt: „Nein, ich möchte lieber das Honorarmodell haben.“

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Provision in der Praxis

Bleiben wir kurz bei der Provisionsberatung und gehen da etwas in die Tiefe: Es entsteht oft der Eindruck, dass eine Provisionsberatung kostenlos ist, aber eigentlich muss jeder Versicherungsnehmer diese Provision mit den Versicherungsbeiträgen zahlen. Vielleicht kannst du uns das ein bisschen genauer erklären wie sich eine Prämie zusammen setzt; was da Provision ist, was Verwaltung oder sonstige Beiträge sind. Und wie lange man das zahlt.

Also, dass der Eindruck einer kostenfreien Beratung entsteht, da wehre ich mich auch dagegen. Ich mag es gar nicht, dass der Kunde denkt, wir machen das hier so ehrenamtlich als Pseudoverbraucherzentrale – was da so manche Markteilnehmer auch teilweise schriftlich von sich geben. Das wollen wir nicht. Er soll schon verstehen, dass wir mit den Beiträgen unser Geld verdienen.

Wie läuft das konkret? Ich versuche nicht, jedes Detail dort rauszuholen, aber zumindest gibt es dort drei große Bereiche, wo sich die Vergütung schon relativ stark unterscheidet. Das eine ist der Bereich Personenversicherung oder Biometrie. Das ist alles was mit Lebensversicherung, Krankenversicherung, Berufsunfähigkeit, Rentenversicherung zu tun hat. Das ist ein Bereich. Der andere Bereich ist das Thema Sachversicherungen (Hausrat, Haftpflicht, Unfall, Rechtsschutz, Kfz) und das gleiche auch im gewerblichen Bereich.

Die unterscheiden sich von der Vergütung – da spreche ich jetzt nur vom Maklerweg; in der sogenannten Ausschließlichkeit bei Vertretern ist es anders. Beim Makler ist es so, dass er im Regelfall bei den Personenversicherungen, den Lebens- und Krankenversicherungsverträgen im Falle einer erfolgreichen Vermittlung einen relativ hohen Geldbetrag bekommt, der sich in der Regel ableitet aus prognostizierter oder abgeschlossener Laufzeit dieses Vertrages multipliziert mit der Zahlweise und dem Beitrag.

Da kommt dann eine Zahl X raus und die wiederum wird multipliziert mit einem Provisionssatz. Der ist nicht überall identisch zwischen den Versicherungsgesellschaften, aber doch relativ ähnlich in der Masse. Der liegt so bei um die 4 Prozent, würde ich sagen. Das ist die Einmalprovision, die der Makler für diese Tätigkeit bekommt. Weil natürlich am Anfang der Arbeitsaufwand bei – nehmen wir zum Beispiel eine Berufsunfähigkeitsversicherung – sehr hoch ist: Risikovoranfrage, Arztberichte, Anonymisierung und Beratung, Vergleich, Rückfragen des Kunden. Da ist am Anfang sehr viel Arbeit zu tun. Und das wird entsprechend über dieses Modell vergütet.

Ein zweiter Teil, der noch mit drin steckt, ist die sogenannte Bestandscourtage/Bestandsprovision/Bestandsvergütung, die der Makler in diesem Bereich erhält. Die ist im Regelfall sehr klein. Das sind je nach Anbieter zwischen Null und 2 Prozent der jeweils zu zahlenden Prämie. Das heißt du zahlst 50 Euro als Versicherungsbeitrag. Bei 2 Prozent kommen ein Euro raus, den wir bekommen würden als Bestandscourtage, von der wir unsere Ausgaben decken können.

Fallen dann wieder Provisionen an, wenn ich irgendwann meine Versicherungssumme erhöhen möchte oder Änderungen im Vertrag vornehme?

Das kommt ganz darauf an, in welche Richtung die Veränderungen gehen, ob die nach oben oder nach unten gehen. Wenn das mehr wird: zum Beispiel du hast schon einen Vertrag bei einem Anbieter und du willst den erhöhen, weil du mehr verdienst oder ein Kind dazu gekommen ist. Dann ist es im Regelfall so, wenn es ein Provisions- oder Bruttotarif ist, dass du als Makler für die Differenz, die da oben drauf kommt, auch eine Differenzprovision für diesen Anteil bekommst. Das ist so das Übliche.

Die Veränderung kann aber auch nach unten gehen. Das heißt, wenn du dich dazu entschließt, den Vertrag zu senken, weil du vielleicht jetzt weniger verdienst oder weil du ein Auslandsjahr machst und sagst „Ich muss jetzt erstmal alles nach unten fahren“, oder du ganz kündigst, dann musst du als Makler in den ersten – in der Regel – 5 Jahren einen Storno bezahlen. Das heißt, du musst anteilig für die Zeit, in der der Vertrag nicht bedient oder gesenkt wird auch die Provision zurückzahlen. Nicht an den Kunden, sondern an den Versicherer. Das heißt, wenn du gerade neu im Geschäft bist und hast noch nicht so viele laufende Einnahmen und bist noch nicht so stabil, dann kann so ein Storno den Makler auch ganz schön belasten.

Provisionsberatung ist also eine erfolgsabhängige Beratung. Das heißt, je mehr Verträge du abschließt oder vermittelst, desto mehr Provision erhältst du. Ist damit überhaupt eine unabhängige Beratung möglich, gerade wenn man darauf angewiesen ist, dass jeder Vertrag klappen muss, damit mein Geschäft überleben kann. Oder darf auch kein Produkt eine Lösung sein?

Bei uns darf sehr wohl kein Produkt eine Lösung sein und da stehe ich für ein. Das ist mir auch sehr wichtig, das zu betonen. Wir sind auch mittlerweile an einem Punkt angelangt – wie gesagt mehrere Mitarbeiter, 2 Standorte – wo wir safe sind, kann man so sagen, dass wir uns das auch leisten können. Wir legen sehr viel Wert darauf, ich als Gründer von risk007 lege sehr viel Wert darauf, dass die Beratung ausschließlich im Kundeninteresse passiert.

Ich hatte erst vor einer Woche den Fall gehabt, da kamen zwei spanischsprachige Menschen zu mir und der eine wollte seine Krankenversicherung verbilligen und der andere wollte eine Rentenversicherung abschließen. Das Ganze lief auf Spanisch. Durch meine Frau habe ich mittlerweile ein paar Kenntnisse erworben. Und ich habe allen beiden strikt davon abgeraten, habe sie nach Hause geschickt und am Ende noch ein paar Euro ins Sparschwein bekommen für einen guten Zweck.

Das heißt, wir machen nicht jeden Kunden um jeden Preis, weil es auch für die Kunden, die jetzt bei mir gewesen sind, überhaupt – das eine wie das andere – nicht sinnvoll gewesen wären. Ich hätte natürlich als unseriöser Berater die Chance gehabt, meinen Vertrauensvorschuss – vielleicht auch durch das Spanische in dem Fall – ausnutzen und denen unseriös unbrauchbare Produkte verkaufen können. Das habe ich selbstverständlich nicht getan. Und das erwarte ich auch von all unseren Mitarbeitern, dass das genauso läuft und das tun sie auch.

Nichtsdestotrotz sprichst du einen guten und wichtigen Punkt an, der in der Branche leider existent ist. Es ist gerade bei einem Makler am Anfang so – denn der Versicherungsmakler beginnt ja dann bei Null. Du sagst dir: „Okay, ich mache jetzt diesen Beruf. Das möchtest du gerne ausüben.“ Kriegst aber Null Cent, denn du hast keine Kunden. Also kriegst du auch von einer Versicherung keinen Cent. Das heißt, du bist am Anfang schon in erhöhtem Maße darauf angewiesen, dass Verträge zustande kommen. Und gerade in dieser Phase ist es schwierig, wenn du später auch Kosten zu decken hast (Kind, Familie, Kfz usw.), immer genügend Einnahmen zu erzielen und da ist eine gewisse Verlockung da, auch Verträge zu vermitteln, die vielleicht für den Kunden nicht so sinnvoll wären.

Und leider Gottes, da bin ich auch ehrlich, sehen wir das in der Branche auch des Öfteren. Ich muss aber dazu sagen, dass der ganz große Großteil dieser Verträge oftmals – ich nenne es mal – >Strukturvertrieben oder Ausschließlichkeitsverträgen entspringt, wo zu diesem persönlichen finanziellen Druck des Vertreters – also wir reden dann meistens nicht von Maklern zum Glück (aber auch da gibt es schwarze Schafe) – noch zusätzlich der Druck vom Vertrieb kommt, dass die soundso viele Dinge absetzen müssen, die der Kunde vielleicht nie wollte oder braucht.

Also ja, Missbrauchspotenzial ist auf jeden Fall da und es ist auch in Teilen ein Problem. Das gebe ich zu.

Das Honorarmodell in der Praxis

Gehen wir noch einmal zurück zum Honorarmodell. Kannst du uns sagen, wie viele Leute so im Schnitt dieses Modell nutzen? Oder wird das überhaupt aktiv nachgefragt?

Also aktiv von draußen, dass von draußen jemand kommt, ohne angestupst worden zu sein… Zumindest bei uns, wir sind ja jetzt kein reiner Honorarberater wie andere Marktteilnehmer… Da muss ich jetzt überlegen. Das ist in 5 Jahren vielleicht einer pro Jahr, könnte man sagen. Das könnte so als Zahl hinkommen. Wenn man es dann in bestimmten Bereichen forciert oder im Rahmen des Erstgesprächs anspricht, werden dann aus einem im Jahr vielleicht 3 oder 4 pro Jahr. Das kann gut sein. Aber das sind trotzdem verschwindend geringe Stückzahlen an Kunden, die das aktiv nachfragen.

Das liegt vielleicht auch daran, dass wir damit nicht aktiv in der Werbung sind und nach draußen sagen „Wir sind hier Honorarversicherungsmakler.“ Auch das gibt es.
Die Anzahl, die das aktiv nachfragt, ist ganz gering. Und mit einem kleinen Anstupser werden es dann ein paar mehr, aber das ist dann – zumindest auf uns bezogen – eine einstellige Anzahl an Kunden pro Jahr.

Ihr werbt also nicht offensiv für das Honorarmodell?

Nein, nicht wirklich.

Woran liegt das?

Das Honorarmodell hat natürlich einen Vorteil für uns: Wir werden immer vergütet, auch wenn es nicht zu einem Erfolg kommt, weil wir unter Umständen ein Beratungshonorar vom Kunden nehmen können.

Es hat aber einen ganz ganz wesentlichen Grund, warum wir es nicht offensiv bewerben. Es ist das Henne-Ei-Problem, warum wir das nicht aktiv bewerben. Denn es ist so: Wenn ich sage, ich möchte den Nettoweg gehen (wir unterscheiden zwischen Brutto- und Nettotarifen: Bruttotarife sind diese klassischen Tarife, in denen eine Provision steckt und Nettotarife sind die, bei denen keine Provision drinsteckt, die in der Regel mit Null kalkuliert sind), dann sind mir sehr viele Türen von Anbietern verschlossen.

Das heißt, im Biometriebereich, wo ich den Bereich Berufsunfähigkeit (mein Schwerpunkt) mit dazu zähle, kann man so im Groben sagen, dass die Hälfte an Anbietern wegfällt und da sind auch Anbieter dabei, die vom Bedingungswerk, den Leistungen und den Prämien her sehr gut sind. Die würde man einfach ausschließen, weil die sagen: „Wir haben keinen Honorartarif, wollen wir nicht, brauchen wir nicht.“ Warum auch immer.

Dann würde man den Markt beschränken auf die anderen, die übrig bleiben und würde unter Umständen – das ist auch in der Praxis oft so – ein schlechteres Ergebnis für den Kunden erzielen, wenn man jetzt einen Anbieter nur der Vergütung wegen nimmt. Der schüttet keine Provision aus, ist aber vielleicht von den Bedingungen her oder vom Preis-Leistungsverhältnis schlechter als ein Anbieter mit Provision.

Das ist ein ganz großes Problem. In bestimmten Versicherungsbereichen – wir reden ja nicht nur von Berufsunfähigkeit, Krankenversicherung; es gibt ja auch noch ganz andere Themen wie Rechtsschutz, Hausrat, Haftpflicht, Kfz – gibt es bei ganz vielen Anbietern überhaupt keine Lösung. Eine Kfz-Versicherung ohne Courtage habe ich bis jetzt noch nicht gesehen. Zumindest ist es mir nicht bekannt im großen Stil.

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Es sind ja nicht nur die Versicherungsunternehmen, die diese Tarife nicht anbieten, es sind ja auch die Makler, die da nicht aktiv nachfragen. Hat Honorarberatung ein Imageproblem?

Der Eindruck entsteht bei mir auch, wenn ich mit Kollegen über das Thema Honorar spreche. Ich glaube schon, dass es da ein gewisses Imageproblem gibt, auch wenn es dem Makler eigentlich noch einmal so einen Schub Unabhängigkeit mitgeben könnte, was vielleicht das letzte Quäntchen zur Unabhängigkeit sein könnte.

Woran könnte das liegen? Naja, zum einen ist der Markt, was die Berater, die Vermittler und Makler anbelangt, ziemlich alt. Also der Altersdurchschnitt ist, glaube ich, bei 56 oder so. Ich glaube, jeder in unserer Firma ist jünger. Also wir haben zwei Rentner, aber die machen das nur nebenberuflich. Jeder andere bei uns ist jünger. Die Älteren kennen halt einfach nichts anderes. Die haben die letzten 30 Jahre nur dieses eine Modell kennengelernt und der Mensch tut sich ja oftmals schwer mit neuen Dingen und das ist natürlich auch in dem Bereich so.

Ein anderer Grund könnte einfach sein, dass der Makler oder der Berater vielleicht Angst hat, er könnte zu wenig verdienen. Oder er könnte es dem Kunden nicht verkaufen. Bei der Provisionsberatung ist die Vergütung relativ verschleiert. Man könnte es zwar ein stückweit herausbekommen, was man als Makler dafür bekommt und daran verdient, aber so richtig draußen dran steht es auch nicht.

Bei dem Honorar ist es so, dass man sich dem Kunden aktiv verkaufen und eine relativ hohe Zahl nennen muss und der Kunde muss sagen: „Ja okay, mache ich.“ Und das ist dann doch eine gewisse Schwierigkeit, bei der ich mir vorstellen kann, dass sich das viele nicht zutrauen. Gerade wenn man schon viele Jahre in diesem Provisionsmodell eingefahren ist.

Provision versus Honorar

Ist denn Honorarberatung teurer als Provisionsberatung?

Das würde ich so nicht sehen, nein. Es kommt natürlich immer im Einzelfall auf die konkreten Zahlen an, also pauschal ist immer schwierig.

Bei der Provision kommt es im Regelfall auf die Beitragshöhe an, die der Kunde bezahlt. Also, wenn jemand einen gigantischen Beitrag bezahlt, da kann es auch passieren, dass meine Provision gigantische Ausmaße einnimmt. Genauso kann es aber auch sein, dass meine Provision am Ende mikroskopisch wird, wenn jemand mit einem mikroskopischen Beitrag kommt.

Und beim Honorar ist es so: es gibt verschiedene Honorarmodelle, aber das Übliche ist eher ein Pauschalhonorar für die Beratungsleistung und da habe ich einen gewissen Satz. Da ist es am Ende relativ egal, ob derjenige 50 Euro oder 500 Euro bezahlt. Da ändert sich ja mein Honorar nicht.

Denkst du, das wird sich in der Branche noch einmal ändern, dass die Honorarberatung ein bisschen beliebter wird?

Schwierig. Die Politik doktert da seit vielen Jahren dran herum, aber aus meiner Sicht ist es eher ein Nischenthema, das halb stiefmütterlich betrachtet wird. Es gibt Länder – ich glaube, in den Niederlanden und vor allem in Großbritannien ist es so – die haben ein komplettes Provisionsverbot ausgesprochen. Das gilt aber meines Wissens nach nur für bestimmte Bereiche wie kapitalbildende Produkte (wie Rentenversicherungen oder andere Sparprodukte), was wir ohnehin so gut wie gar nicht anbieten.

Würde es denn in Deutschland Sinn machen, Provision komplett abzuschaffen oder zu verbieten?

Da bin ich – wahrscheinlich zum Leidwesen meiner Kollege – jemand, der nicht komplett dagegen wäre. Jetzt kommt das große Aber: nur wenn es gleichermaßen für alle gilt. Betonung liegt auf „Alle“. Denn mit diesen „Alle“ meine ich nicht nur die Versicherungsmakler, zu denen wir uns zählen, sondern auch alle anderen Formen der Beratung oder des Vertriebs, die es im Versicherungsbereich gibt: allen voran die Strukturvertriebe und Ausschließlichkeitsvertreter von Versicherungskonzernen.

Die werden sich das aber nicht vorschreiben lassen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Allianz, eine Ergo oder Deutsche Vermögensberatung als Strukturvertrieb das von der Politik vorschreiben lässt, sehe ich als relativ gering an. Und selbst wenn das passieren würde, dann hätten die bei Angestellten natürlich auch die Form das anderweitig darzustellen in Form von Bürozuschüssen, Mitarbeiterzuschüssen oder oder oder. Da kann man ja viele Wege wählen.

Das kann eine Lösung sein, wenn Waffengleichheit für alle besteht, denn sonst wird es unfair.

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Das Resümee

Was ist dein Fazit oder deine Empfehlung?

Ich glaube, dass das Vergütungsmodell allein noch lange nicht ausschlaggebend dafür ist, ob eine Beratung eines Kunden gut oder schlecht ist. Sowohl im Provisionsbereich als auch im Honorarbereich kann es schwarze Schafe geben, die nicht unbedingt zum Vorteil ihres Kunden handeln.

Deshalb ist mein Ziel nicht, sich dringend mehr auf die Vergütung zu konzentrieren, sondern eher mehr auf den Leumund zu achten. Wie zufrieden waren andere mit dem Berater gewesen; vielleicht Empfehlungen zu folgen, sich Bewertungen anzuschauen. Im Netz zum Beispiel lassen sich heute viele von Verbrauchern, von Kundinnen und Kunden bewerten. Das wäre so meine Empfehlung. Denn ich möchte ungern rein an der Vergütungsform festmachen, was das bessere Modell ist.

Ich kann nur für uns sagen: Wir haben in der ganz großen Masse unserer Kundenbeziehungen das klassische Provisions- oder Courtagemodell und wir tun das auf eine Art und Weise, die nicht zum Nachteil des Kunden ist und wir entscheiden bei unseren Empfehlungen nicht danach, wo wir die größere Marge haben.

Da wir in der FinanzKÜCHE sind, muss ich dir natürlich noch eine Frage stellen: nämlich die Frage nach deinem Lieblingsgericht.

Da gibt es so zwei, drei, die in die engere Auswahl kommen. Ich nenne mal zwei. Das ist ganz klassisch ein schöner Teller Linseneintopf oder im Sommer marinierter Hering mit Kartoffeln.

Vielen Dank für das Gespräch.

Portrait vom Autor dieses Artikels
Über Birgit Hünniger

Ich bin Finanzberaterin und unterstütze die Finanzküche bei ihrer operativen und visionären Arbeit. Meine Aufgabenbereiche sind die Führung von Beratungsgesprächen inkl. Vor- und Nachbereitung, sowie die Erstellung von Beiträgen für Blog und Newsletter.