Mit dem Kindergarten wollen wir uns Zeit lassen. Das war uns bereits klar, als wir unseren Sohn das erste Mal in den Armen hielten. Das er erst mit dreieinhalb Jahren eine Kindertagesstätte betreten würde, war dann doch eine Überraschung.
Angepeilt hatten wir den Kitastart mit zweieinhalb Jahren. Aber wie wir feststellen durften, sind Kindergartenplätze schwerer zu bekommen als Karten für ein Fußball-WM-Finale. Nicht einmal eine Kitaplatzklage führte zum gewünschten Erfolg.
Inhaltsverzeichnis
Glücklich zu Hause mit unserem Sohn
Wann das eigene Kind in den Kindergarten geht, ist eine individuelle Entscheidung. Wir haben unsere Lebensumstände so gewählt, dass wir sie frei von persönlichen Zwängen treffen können. Weder meine Frau als Studentin noch ich als Selbständiger sind an feste Elternzeitregelungen gebunden.
Und so ließen wir uns von unseren Gefühlen leiten und genossen die Zeit mit unserem Sohn. Über zwei Jahre hinweg wachten wir früh ohne Wecker auf, waren Stammgäste im Zoo und gingen regelmäßig ins Schwimmbad. Dabei haben wir unvergessliche Erinnerungen gesammelt. Ich werde nie vergessen, wie glücklich unser kleiner Mann beim Babyschwimmen war und wie wir das erste Mal gemeinsam Fahrrad gefahren sind.
Unseren Sohn Tag für Tag dabei begleiten zu dürfen, wie er die Welt erkundet, ist ein unfassbares Geschenk. Gegen nichts in der Welt wollen wir es eintauschen.
Für dieses Geschenk steckten wir bewusst beruflich und finanziell zurück. Meine Frau kam mit ihrem Studium langsamer voran und ich investierte weniger Zeit in meine Selbständigkeit als ansonsten möglich gewesen wäre.
Die Folge war, dass es für uns in den ersten beiden Lebensjahren unseres Sohnes finanziell eng war. Da wir genügsam sind, war das aber verschmerzbar. Als Trumpf hatten wir >>niedrige Fixkosten auf unserer Seite. Bis heute wohnen wir bescheiden und haben keine Autokredite laufen. Ein Kinderzimmer vermisst unser Sohn nicht (und ich nur, wenn ich nachts im Wohnzimmer über seine Murmelbahn stolpere).
Unser Gefühl sagt: Vielleicht ist es Zeit für Fremdbetreuung
Zwischen seinem ersten und zweiten Lebensjahr begannen wir die Suche nach einem Kindergartenplatz. Denn obwohl wir uns beim Thema Fremdbetreuung schwer taten, gab es immer wieder Momente, die das Gefühl aufkommen ließen, dass unser Sohn vom Kindergarten profitieren könnte. Zudem wuchs in uns langsam das Verlangen, etwas mehr Freiraum für unsere persönlichen Bedürfnisse zu haben. Eine Ganztagsbetreuung sollte es zu Beginn ohnehin nicht sein.
Unser Ziel war, dass er mit 2,5 Jahren in die Fremdbetreuung startet. Ein Alter wo er klar artikulieren kann, was ihm gefällt und was nicht.
Im Zuge der Kindergartensuche beschäftigten uns verstärkt mit verschiedenen Betreuungskonzepten. Von Waldorf- über Montessori- bis hin zu Waldkindergärten gab es verschiedene interessante Ansätze. Idealerweise sollte unser Sohn in eine Umgebung kommen, in der bedingungslos gegeben wird und das Konzept von „Belohnung und Bestrafung“ nicht verwendet wird.
Dabei wussten wir von Anfang an, dass es schwierig werden würde, überhaupt einen Kindergartenplatz zu bekommen.
In unserer Vorstellung schauten wir uns trotzdem verschiedene Einrichtungen an und entschieden uns dann für die schönste. Allein die Realität sah völlig anders aus.
Unsere Illusion zerplatzt: Es gibt keine freien Kindergartenplätze
Auf unsere Bewerbungen folgte eine Absage nach der anderen.
- Bei Waldorf- und Montessori-Kindergärten gingen gefühlt fast alle Plätze an Kinder von Erzieherinnen und Geschwisterkinder
- Und selbst bei großen städtischen Neubauten waren alle Plätze vergeben
Besonders frustrierend war für mich ein Telefonat, bei dem die Kindergartenleiterin mir ungefragt geschlagene sieben Minuten lang erklärte, warum sie keinen Platz für uns hatte. Ihre Erläuterung klang wie vom Tonband. Ich hörte heraus, dass sie das was sie mir erzählte schon unzähligen anderen Eltern herunterbetete. Eine Anmeldung in ihrer Einrichtung hätte bedeutet, dass sich unser Sohn auf Platz 120 der Warteliste einreiht.
Auch das Jugendamt ist keine Hilfe
Da unsere Bemühungen ins Leere liefen, wandten wir uns an das Jugendamt. Unsere Ansprüche hatten wir zu dem Zeitpunkt heruntergeschraubt und hofften einfach, dass die zukünftigen Bezugspersonen unseres Sohnes – ganz unabhängig vom Konzept – herzensgute Menschen sind.
Beim Jugendamt bekamen wir wenig hilfreiche Hinweise. Das wir uns im Elternportal anmelden müssen, war uns ohnehin klar. Darüber läuft bei uns die offizielle Vergabe der Kindergartenplätze. Leider bringt das Elternportal herzlich wenig, da die meisten Plätze bereits weg sind, bevor sie in das Portal eingestellt werden.
Die Gespräche mit dem Jugendamt machten uns deutlich, dass wir eine Kitaplatzklage ernsthaft in Erwägung ziehen müssen.
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Familiäre und finanzielle Auswirkungen
Einen Zweijährigen den kompletten Tag auszulasten, ist eine Herkulesaufgabe, die an manchen Tagen ziemlich schlaucht. Zum Glück hatten wir Unterstützung von seiner Oma, sodass wir unsere Energietanks immer wieder aufladen konnten.
Arbeit und Studium haben wir wenn irgendwie möglich in die Abendstunden verlegt. So schafften wir es, diese intensive Zeit gut zu bewältigen.
Auch wenn wir glücklich waren, war das kein Dauerzustand. Denn so schön die Zeit mit der Familie ist: Ebenso existentiell ist es für mich, Zeit für Freunde zu haben und auch einmal Zeit mit sich allein verbringen zu können. Beides blieb teilweise auf der Strecke.
Nur am Rande beschäftigten uns die finanziellen Auswirkungen: Durch die Verzögerung des Studiums meiner Frau und meine reduzierte Arbeitszeit ging uns zwar Einkommen verloren, aber da meine Selbständigkeit zu dieser Zeit >>schon gut lief, war das kein ernsthaftes Problem.
Dabei ist uns bewusst, dass es hier nicht jedem so geht.
Wer keine Unterstützung aus der Familie hat oder auf zwei Einkommen angewiesen ist, braucht einen Kitaplatz. Es kann nicht sein, dass man bei der Kindergartenplatzsuche so im Regen steht. Zumal es einen gesetzlichen Anspruch auf einen Betreuungsplatz gibt.
Nicht einmal eine erfolgreiche Kitaplatzklage löst unser Problem
Da wir auf den normalen Wegen nicht weiter kamen, bemühten wir den Rechtsweg. Mit Hilfe einer spezialisierten >>Anwältin klagten wir das Recht unseres Sohnes auf einen Betreuungsplatz ein. Das Ergebnis:
- 718,64 Euro Anwaltshonorar, wovon wir 334,75 Euro nach erfolgreicher Klage zurückerstattet bekommen haben
- Und: Die schriftliche Bestätigung, dass unserem Sohn ein Platz zusteht
Das wir uns dafür entschieden haben, direkt mit einer Anwältin zusammenzuarbeiten, war für uns ein Segen. Die Abläufe gingen flott vonstatten und wir hatten und haben bei Fragen eine kompetente Ansprechparterin. Nur knapp 2 Monate dauerte es, bis das Verwaltungsgericht Leipzig die Stadt Leipzig dazu aufforderte, uns einen Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen.
Zu einem Kindergartenplatz hat uns die Kitplatzklage trotzdem nicht verholfen. Die Stadt Leipzig ließ uns ein Schreiben zukommen, in der sie 21 Kindertagesstätten aufführte, die sie auf Betreuungskapazitäten geprüft hatte und von denen keine einen Platz frei hatte.
Eine kostengünstige Alternative zu einem Anwalt bietet >>Juniko. Hier waren wir kurzzeitig angemeldet, waren aber von der mangelnden Erreichbarkeit schnell abgeschreckt.
Mit 3,5 Jahren: Unser Sohn darf in den Kindergarten
Parallel zur Kitaplatzklage versuchten wir es weiterhin auf eigene Faust und hatten Glück. In der Nähe wurde ein Neubau fertig und wir starteten eine Platzanfrage bevor die Einrichtung im Elternportal gelistet wurde. Dieses Mal bekamen wir völlig unerwartet eine Zusage.
Aufgrund des Coronavirus betraten wir die Einrichtung das erste Mal als unser Sohn seinen ersten Tag hatte. Von unserer ursprünglichen Vorstellung, dass wir uns verschiedene Kitas anschauen, Erzieherinnen und Erzieher kennenlernen, um uns dann für die Tagesstätte unserer Wahl zu entscheiden, war das weit entfernt.
Resümee: Ein neuer Lebensabschnitt hat begonnen
Einen Kindergartenplatz zu bekommen, ist keine Selbstverständlichkeit. Nicht einmal eine erfolgreiche Kitaplatzklage hat unserem Sohn einen Platz verschafft.
Zwei Jahre hat es von der ersten Platzanfrage bis zu dem Moment gedauert als unser Sohn das erste Mal einen Kindergarten betreten durfte.
Trotzdem war die Klage nicht umsonst. Sie ist die Grundlage dafür, dass wir unseren Verdienstausfall einklagen können. Was wir voraussichtlich umsetzen werden, wenn meiner Frau der Berufseinstieg gelungen ist und wir ein Referenzgehalt haben. Zudem erhöht jede Klage den Druck auf die Stadt, sich um den Ausbau neuer Plätze zu kümmern, was anderen Eltern in Zukunft hoffentlich hilft.
Jetzt gewöhnen wir uns an den neuen Lebensabschnitt. Es fällt uns noch schwer, uns voll und ganz auf den Kindergarten einzulassen. Die Eingewöhnung haben wir ausgedehnt.
Aktuell haben wir eine 4-Tage-Woche etabliert, in der er 2,5 Stunden von um 09:00 Uhr bis 11:30 Uhr in der Kita ist. Mal schauen, wann er mit schlafen möchte. So langsam taut er auf und ist unheimlich Stolz auf die Bilder und Basteleien, die er aus dem Kindergarten mitbringt. Den Tischspruch seiner Gruppe hat er auch bei uns zu Hause eingeführt:
Viele kleine Fische schwimmen jetzt zu Tische,
reichen sich die Flossen, dann wird kurz beschlossen,
jetzt nicht mehr zu blubbern, stattdessen jetzt zu futtern.
Guten Appetit!
In diesem Sinne hoffe ich, dass die Kitaplatzsuche für dich entspannter läuft oder gelaufen ist.
Dein Finanzkoch
Christoph Geiler