Der Immobilienmarkt hat sich 2022 verändert. Anziehende Zinsen und steigende Baukosten haben die finanzielle Belastung für Immobilienkäufer in die Höhe schnellen lassen. In der Finanzplanung sehen wir, dass der Kauf eines Eigenheims selbst für bonitätsstarke Familien zur Herausforderung geworden ist. Gleichzeitig haben auch Kapitalanleger Probleme, rentable Objekte zu finden.
In dieser Gemengelage haben wir mit Ingo Isemann den perfekten Interviewgast. Ingo ist Finanzierungsspezialist bei der >IK Finanzierungs GmbH & Co. KG und bei der >HonestCom Finanzplanung GmbH. Mit ihm sprechen wir unter anderem über:
- Die aktuelle Lage am Immobilienmarkt
- Wie sich die gestiegenen Zinsen auf Immobilienfinanzierungen auswirken
- Wie du mit dem Thema Zinsbindung umgehen solltest
- Was es jetzt bei Anschlussfinanzierungen zu beachten gilt
- Ob sich Bausparverträge lohnen
Eine Anmerkung die uns am Herzen liegt: Privat engagiert sich Ingo im Unsichtbar e.V. für Obdachlose. Wenn du ebenfalls helfen magst, kannst du gern an den Unsichtbar e.V. >spenden und so Obdachlose unterstützen.
Inhaltsverzeichnis
Steigende Zinsen, steigende Baukosten: Wohin entwickelt sich der Immobilienmarkt?
Christoph: Herzlich willkommen zum Finanzküche Podcast. Ich bin Christoph Geiler und freue mich, dass du heute wieder mit dabei bist. Mit dabei ist heute auch Ingo Isemann. Ingo Isemann ist Finanzierungsexperte und er wird gleich selber seine Vorstellung übernehmen. Er kennt sich sehr gut im Bereich Immobilien aus, finanziert die mit seinen Kunden. Im Immobilienbereich ist jetzt einiges los seit dem Ukraine-Krieg sind die Zinsen stark gestiegen und die Inflation hat schon vorm Ukraine Krieg angezogen. In dem Zuge dann durch die Energiepreise unter anderem noch stärker angezogen, was dann auch wieder Zinssteigerungen zur Folge hatte.
Und wenn man so die Nachrichten verfolgt, passiert am Immobilienmarkt so einiges, ich glaube, da wird Ingo gleich noch was sagen. Für Finanzierer ist es eine sehr herausfordernde Zeit. Also wenn man Immobilien finanziert und weniger Immobilien über den Tisch gehen bzw den Besitzer wechseln, hat man natürlich in dem Markt eventuell größere Herausforderungen als noch vor ein zwei drei vier Jahren.
Und wir werden heute einfach darüber besprechen wie Ingo die Lage am Immobilienmarkt einschätzt, was es für Auswirkungen für Verkäufer hat, vielleicht auch das Thema Anschlussfinanzierungen. Das ist ja auch interessant wenn man jetzt ein Darlehen hat und das dann irgendwann ausläuft und man sich dann vielleicht zu gestiegenen Zinsen eindecken muss. Vielleicht gibt’s da nützliche Hinweise. Wir werden auch das Thema Bausparverträge ansprechen, so dass wir einen bunten Themenmix haben.
Heute Themenschwerpunkt Immobilie – wir haben einen Experten dabei: Ingo, ich schlage vor, dass du dich einfach kurz vorstellst. Wer bist du? Was machst du? Und warum hast du Ahnung im Bereich Immobilien?
Ingo: Ja, lieber Christoph, erstmal vielen Dank für die Einladung zu diesem Podcast. Mein Name ist Ingo Isemann. Ich bin 46 Jahre alt, verheiratet und stolzer Vater von fünf Kids.
Ich bin irgendwie in den Immobilienfinanzierungsbereich rein geschlittert, das heißt, ich bin gelernter Banker. Ich habe irgendwann mal bei der Sparkasse gearbeitet und da meine Ausbildung gemacht. Bin dann über die LBS gegangen und habe dann irgendwann gemerkt: irgendwie ist das nicht so das Gelbe vom Ei.
Den Kunden darfst du verkaufen was die Bank oder die Bausparkasse gerade braucht. Es ist ja schon eine schöne Geschichte, wenn man Kunden, die man Jahrzehnte ihres Lebens gegebenenfalls begleitet, schon so berät, dass die Finanzierung auch wirklich zu deren Leben passt.
Und aktuell sind wir natürlich in einer Situation, die uns alle überrascht hat – nicht überrascht, dass die Zinsen irgendwann steigen (das war abzusehen) und das ist auch gesund, dass die Zinsen irgendwann mal wieder steigen. Die Schnelllebigkeit, die wir aktuell erleben, die rasante Zinssteigerungen, die sind natürlich schon heftig und die sorgen für eine gewisse Unsicherheit am Markt. Das heißt, auf der einen Seite – wie du schon richtig gesagt hast – haben wir die Situation eines Krieges, den man so schwer einschätzen kann; dann Energiepreise, wo man auch nicht so genau weiß, in welche Richtung geht das Ganze. Dies gepaart mit steigenden Zinsen sorgt natürlich dafür, dass gerade Kaufinteressenten, die sich vor einem Jahr oder vor anderthalb Jahren noch mit Immobilen beschäftigt haben, jetzt auf die Bremse treten und nicht genau wissen, ob das noch sinnvoll ist.
Wobei man sagen muss, dass wir jetzt ein Zinsniveau haben, was jetzt auch nicht
schon so extremst hoch ist, dass man da direkt Panik bekommen muss, ja also wir sprechen immer noch von einem niedrigen Zinsniveau. Ein niedriges Zinsniveau haben wir immer bezeichnet, wenn wir mal im Bereich von unter 4% kommen. Das ist aktuell noch so – also unter 4%, wenn man sich dieses Geld für 10 Jahre leiht – und dementsprechend ist es, glaube ich, sinnvoll, wenn man sich mit dem Thema Finanzierung auseinandersetzt, sich einfach Gedanken zu machen: Okay, wie sieht denn das aktuell überhaupt aus? Wie hat sich das überhaupt verändert? Ist es wirklich so schlimm wie jetzt das Gefühl ist? Oder ist es vielleicht tatsächlich möglich, trotzdem eine Immobilie zu erwerben?
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Christoph: Ja, wie schätzt du da die Lage ein? Also, was ich gesehen habe – ich habe ja auch in der Finanzplanung mit Mandanten zu tun, die dann mit dem Gedanken spielen, Immobilien zu erwerben und wir haben im letzten Jahr gesehen und sehen uns auch noch dieses Jahr: wir haben immer noch vergleichsweise ein vielleicht historisch niedriges Zinsniveau, aber wir haben immer noch Preise, die sich an im Zinsniveau orientieren, das halt noch mal deutlich niedriger war und wir sehen halt zum einen sowohl, dass es für – ich sag mal – Kapitalanleger schwieriger geworden ist, Objekte zu finden, die sich dann halt wirklich rechnen. Wo man sagt okay, wenn man die Zinskosten noch mit rein rechnet, sieht die Rechnung natürlich noch anders aus als vor 16, 17, 18 Monaten und unsere Einschätzung ist, dass die Preise vielleicht in einigen Bereichen ein ticken runter gehen, sind schon ticken runtergegangen, aber es halt immer noch schwierig, das rein von den Zahlen so einen Kauf zu rechtfertigen. Und das ist die Kapitalanlegerseite, die wir gesehen haben und die andere Seite ist natürlich der Eigennutz. Die klassische Familie mit Kind, die das Haus erwerben will, um dort die Zeit mit der Familie zu verbringen. Die dann vielleicht nicht ganz so stark auf die Zahlen schauen und dann auch mal bereit sind vielleicht Objekt zu kaufen, wo man jetzt mathematisch sagt: Okay, es ist vielleicht nicht die allerklügste Entscheidung, aber wenn man dann noch den immateriellen Wert dazu nimmt und die sich das leisten können, dass man den Schritt dann hat trotzdem geht.
Und da haben wir aber gesehen, dass selbst – ich bin ja im Osten unterwegs; da ist das Thema Erbe weniger stark vertreten, das heißt die Mandanten kommen häufig mit weniger Eigenkapital an als es vielleicht im Westen ab und zu der Fall ist, wo dann immer noch gutes Einkommen zu einer Schenkung oder einem Erbe seitens der Eltern oder Großeltern erfolgt.
Und was wir in Leipzig sehen, dass selbst die Mandanten mit einem sehr hohen Einkommen – also ich sag mal die Top 10%, Top 5% im Osten – Topverdiener ohne großes Eigenkapital, dass die in der Finanzplanung in der Liquidität ins Rote laufen teilweise, wenn die zu den Zinsen und zu den alten Preisen die Immobilien erwerben. Wie schätzt du da die Lage ein? Wie beobachtest du das Thema? Und siehst du da ein verändertes Verhalten bei den Interessenten?
Ingo: Na klar, also, wir haben natürlich im Augenblick eine noch nicht so richtig greifbare Situation am Immobilienmarkt. Ein Markt regelt sich im Regelfall selber. Das heißt, sinken die Zinsen, steigen die Preise; steigen die Zinsen, sinken die Preise.
Im Augenblick ist es so, dass dieses Sinken der Preise am Markt nicht überall zu erkennen ist, gerade in so Städten wie beispielsweise in Leipzig merken wir da ist im Augenblick noch nicht wirklich erkennbar eine Preisreduzierung zu sehen. Wir haben aber auch Bereiche, wo wir da schon deutlich merken, gerade so im ländlichen Bereich, wo die Preise schon ordentlich einknicken, wo auch jetzt wieder Verhandlungsmöglichkeiten seitens des Käufers sind den Kaufpreis zu drücken, Das war in den letzten Jahren auch eine ganz skurrile Situationen, weil im Regelfall die Kaufpreise nach oben verhandelt worden sind. Also, das war schon sehr spannend zu sehen. Das heißt, viele Kunden haben die Objekte einfach nicht bekommen, weil sie zu wenig geboten haben, da sehen wir schon klar eine Tendenz, dass sich das gerade wieder verändert. Dass also Preise nach unten zu verhandeln sind.
Wir sind im Augenblick in einer Situation, wo ich auch vielen Kunden rate, einfach im augenblick noch ein bisschen die Füße still zu halten, weil – das hast du völlig richtig erkannt – wir haben ein stark gestiegenes Zinsniveau im Verhältnis zu dem was wir vor 18 Monaten gehabt haben, aber noch nicht so die Preisreduzierungen. Dementsprechend fallen jetzt Kunden, die wirklich gut sind und die vor 18 Monaten problemlos wirklich eine tolle Finanzierung bekommen haben, einfach hinten rüber, weil beispielsweise nicht genügend Eigenkapital da ist oder halt einfach das monatliche Einkommen nicht ausreicht. Als Beispiel: Wir konnten vor 18 Monaten relativ einfach eine Faustformel nennen, indem wir gesagt haben, der Kunde sollte maximal das Hundertfache seines Nettoeinkommens finanzieren. Das war gut finanzierbar und wenn man da eine vernünftige Finanzierungsstrategie angewandt hat auch gut bis zum Ende durchfinanzierbar. Das ist aktuell gar nicht darstellbar, das heißt, das Hundertfache des Nettoeinkommens funktioniert überhaupt nicht mehr beim aktuellen Zinsniveau. Wir erwarten gerade mit Spannung wie sich der Immobilienmarkt verändert. Wir gehen tatsächlich davon aus, dass es in den Ballungsgebieten wahrscheinlich nicht wirklich zu Preissenkungen kommt. Das heißt, wir werden dort eine Verschiebung merken, dass dort halt wirklich nur noch Leute kaufen werden, die dementsprechend gutes Einkommen oder sehr gutes Einkommen und viel Eigenkapital haben.
Und die jungen Familien, die das aktuell natürlich am härtesten trifft (wo vielleicht ein Einkommen da ist, kleine Kids da sind), die müssen in die ländlichen Bereiche ausweichen, um noch eine realistische Immobilie erwerben zu können.
Was wir extrem merken ist den Neubaubereich. Das heißt, der Neubaubereich ist relativ salopp ausgedrückt tot. Das heißt, es ist im Augenblick fast keiner mehr in der Lage, einen Neubau zu erwerben.
Das liegt unter anderem daran, dass die Baupreise natürlich massiv gestiegen sind, die Zinsen gestiegen sind und die Fördermöglichkeiten für energetischen Neubau einfach drastisch gekürzt bzw einfach gestrichen worden sind. Dementsprechend unattraktiv oder gar nicht bezahlbar ist das für gerade junge Familien. Was aber schön zu sehen ist, ist, dass sie unterschiedlichen Bundesländer sich mit Fördermöglichkeiten für genau dieses Klientel beschäftigen Wir sehen jetzt beispielsweise Nordrhein-Westfalen über die Wohnungsförderungsanstalt wieder echt tolle Fördermöglichkeiten für junge Familien, die dann wirklich einen hohen Kreditbetrag zu 0,5 Prozent Zinsen mit einer Verwaltungskostenpauschale von 0,5 Prozent für die Gesamtlaufzeit einfach zu Verfügung gestellt bekommen. Das verändert sich gerade massiv. Das wird auch in Sachsen so sein und auch in anderen Bundesländern, sodass man hier tatsächlich abwarten sollte, wenn man sich damit beschäftigt und einfach abwartet, was nachher für ein Ergebnis herauskommt. Nichtsdestotrotz ist natürlich interessant mal die grundsätzlichen Möglichkeiten abzustecken, damit derjenige, der sich dafür interessiert einfach weiß: Okay, worauf muss er warten oder was kann er sich „Stand: heute“ leisten.
Vielleicht, bedeutet das dann nachher, dass halt aus dem ursprünglichen Neubau-Einfamilienhaus vielleicht eine Bestandseigentumswohnung zum Start wird. Das ist auch denkbar. Viele habe oft das Gefühl, dass sie nur einmal kaufen können, aber letztendlich kann ich ja auch mit einer kleineren Mobile einsteigen, und gegebenenfalls später, wenn es dann passt, noch mal auf dem Haus umschwenken. Das wäre eine Strategie beispielsweise.
Was das Thema der Kapitalanleger angeht, das sind ja die Investoren die sozusagen in Vermietung investieren – also eine Immobilie erwerben die dann vermietet wird – da hast du völlig recht, dort ist es natürlich viel schwieriger geworden zu finanzieren. Auch dort erleben wir, dass die Kunden, die wirklich Geld haben, die viel Eigenkapital haben, das gerade ausnutzen und die Möglichkeit von Investitionen gut nutzen. Aber der klassische Kapitalanleger, der auch gerne möglichst viel finanzieren möchte – sprich mindestens den Kaufpreis oder auch gerne ein bisschen mehr – der hat’s extrem schwer. Das ist tatsächlich auch eine Situation, am Markt die im Augenblick auch äußerst unglücklich ist.
Christoph: Also, das erste, was man sich mitnehmen kann, ist dass man den Markt der Förderdarlehen im Auge behalten sollte, was so die einzelnen Bundesländer machen, richtig?
Ingo: Korrekt.
Christoph: Und das zweite ist, was du siehst, dass der Markt spannend ist für alle, die sehr viel Eigenkapital haben und von den gestiegenen Zinsen gar nicht so sehr betroffen sind, sondern dann eher von tendenziell vielleicht sogar fallenden Preisen ein stückweit profitieren können.
Ingo: Korrekt, genau. Es gibt Investoren, die gucken gar nicht so sehr auf den Zins, weil der auch die steuerliche Auswirkungen hat – dafür sollten dann die Steuerberater mit dem Boot sitzen – aber letztendlich ist der Kapitalanleger Bereich sage ich mal für den Normalbürger tatsächlich echt schwierig geworden.
Individuelle Honorarberatung anfragen: Gibt dir einen klaren Plan an die Hand, um das Beste aus deinem Einkommen zu machen.
Christoph: Was du ja auch gesagt hast, ist, dass die gestiegenen Zinsen eigentlich zu fallenden Preisen führen sollten – in der Theorie. Und dass das aber sehr uneinheitlich ist. Was wir dort wahrnehmen, ist zum einen, dass der Immobilienmarkt, was auch immer gesagt wird, sehr träge ist. Also, ich habe das Beispiel im Mandantenstamm. Die wollten quasi eine geerbte Immobilie jetzt verkaufen. Und dort hat man einfach nicht zusammen gefunden mit den Interessenten. Die sind immer noch weiter runtergegangen mit der Preisvorstellung, wahrscheinlich weil sie gemerkt haben, dass die Finanzierung halt doch eine höhere monatliche Belastung zur Folge hat als eigentlich gedacht. Und die Verkäuferseite, also die, die mobil geerbt haben, sagen sich jetzt: Okay, dann warten wir halt noch und gucken erstmal was passiert. Und das ist so das, was ich insgesamt so ein bisschen das Gefühl habe, dass die Verkäuferseite noch die alten Preise im Kopf hat und noch nicht so richtig bereit ist zu niedrigen Preisen zu verkaufen. Die sagen dann eben: Okay, dann warten wir halt.
Außer vielleicht die paar, die ein bisschen Druck dahinter haben und wirklich Liquidität brauchen. Und bei der Käuferseite ist aber genau das gleiche. Die sagen auch: Okay, dann dann warten wir halt.
Und was wir dann wahrnehmen ist, dass es viel viel weniger Transaktionen gibt, zumindest bei dem was wir so überblicken können. Ist das tatsächlich so oder ist das nur meine subjektive Wahrnehmung?
Ingo: Das ist tatsächlich so. Wir sehen das auch bei den klassischen Portalen wie zum Beispiel Immobilienscout oder Immowelt. wo ja in den letzten Jahren Objekte eingestellt wurden und – ich übertreib jetzt mal – nach einer halben Stunde wieder rausgenommen wurden, weil halt so viele Anfragen da waren
Und jetzt ist die Situation einfach so, dass wir sehen das Angebot ist viel größer, die Makler haben im Augenblick auch wieder mehr zu tun und müssen auch mehr tun für Geld. Es ist auch völlig korrekt und das kann man ja auch nachvollziehen, wenn ich selber der Verkäufer wäre, würde ich natürlich auch gerne noch meine Denkweise von vor 18 Monaten beibehalten und die Käufer haben halt natürlich eine komplett andere. Wobei wir dort auch schon sehen, das ist völlig Lage abhängig. Wir haben immer noch Objekte die zu den hohen Kaufpreisen einfach problemlos durchgesetzt werden, weil die Lage stimmt. Da sind wir wieder bei dem Kundenklientel, was einfach das Geld dafür hat und den der Zinssatz jetzt nicht so wichtig ist wie die Lage und das Objekt zu bekommen.
Christoph: Plus energetisch gute Objekte.
Ingo: Energetisch gute oder Objekte die auch energetisch dann gut saniert werden können.
Wir erleben aber genauso gut die Situation, dass jetzt Verkäufer auch von ihrem Kaufpreis runter gehen. Es ist immer die Frage des Drucks, wenn ich als Verkäufer natürlich einfach mal versuche, meine Immobilie zu verkaufen und mich dann um was anderes zu kümmern, bin ich natürlich entspannter als wenn ich mir was neues gekauft habe.
Und das gibt’s natürlich auch. Kunden, die vor 18 Monaten mit richtig guten Zinsen einen Neubau finanziert haben, der eine Bauphase von vielleicht 18-24 Monate hat, die stehen natürlich jetzt ein bisschen doof da, weil die haben zwar super Zinsen, haben aber natürlich mit dem viel höheren Kaufpreis für ihr
eigenes Haus oder ihre eigene Immobilie gerechnet als sie jetzt bekommen. Dementsprechend ist da die Situation ganz anders. Irgendwo ist die Schmerzgrenze dann so groß, dass eine Entscheidung getroffen werden muss. Entweder hat der Verkäufer Glück, dass irgendjemand sagt, er will die Immobilie sofort und ist auch bereit den Preis zu bezahlen, den er aktuell noch aufruft, oder er muss halt vom Preis runter gehen.
Immobilienfinanzierung und gestiegene Zinsen: So hat sich das Verhalten der Banken verändert
Christoph: Du bist ja die Schnittstelle zwischen Bank und Käufer, wenn man so will, oder den, der die Finanzierung braucht. Siehst du, dass ich auch das Verhalten der Banken geändert hat? Zum Beispiel bei Eigenkapitalanforderung oder ähnlichem?
Ingo: Ja total. Das ist ja auch ein Stück weit mit dem Gesetzgeber geschuldet, der die Bankenwelt immer mehr maßregelt und das europaweit.
Auf der einen Seite begrüßen wir das. Wir finden das gut, dass also schon mehr auf Kundenschutz geachtet wird. Auf der anderen Seite ist natürlich immer die Frage: Wie stark muss ich die Banken einschränken, der je mehr Risiko die Banken berücksichtigen müssen, desto schwieriger wird natürlich für den Normalo eine Finanzierung zu erhalten.
Während früher relativ problemlos – was heißt früher, vor 2, 3 Jahren war es relativ problemlos, auf den richtig guten Kunden z.b. die sogenannten Kaufnebenkosten (also die Grunderwerbsteuer, Notar, Gerichtskosten oder vielleicht auch ein Makler) noch mitzufinanzieren, ist das heute nahezu unmöglich. Und genau das gleiche gilt auch für Tilgungsanteile, das heißt, das was man… man zahlt ja faktisch Zinsen, also den Gewinn der Bank plus das, was man sich in die eigene Tasche zahlt (also die Rückzahlung, die sogenannte Sondertilgung). Auch da achten die Banken mittlerweile drauf, dass wenn ich ein gewisses Risiko überschreite aus Bankensicht, dass die Bank dann einfach mehr Tilgung haben möchte, was natürlich eine total doofe Situation ist, weil ich habe schon vielleicht eine hohen Kaufpreis, wenig Eigenkapital, einen höheren Zinssatz und muss dann auch noch mehr Tilgung bringen. Das führt natürlich dazu, dass viele Kunden sich das dann einfach nicht mehr leisten können.
Und dementsprechend merken wir auch, also im Augenblick kann man pauschal sagen, Kaufnebenkosten (also ungefähr 10 Prozent vom Kaufpreis) plus 5 Prozent Eigenkapital zum Kaufpreis ist das, was benötigt wird, um eine gute Finanzierung auf die Beine zu stellen – ganz pauschalisiert.
Zinsbindung: Darauf solltest du achten
Christoph: Okay, also wenn du wenn ich dann zu dem Schluss komme, ich will in der aktuellen Situation jetzt dann doch tätig werden: Wie geht man da mit dem Thema Zinsbindung um? Sagst du dann okay die Zinsen sind jetzt eh schon gestiegen, dann brauchen wir nicht so eine lange Zinsbindung. Oder würdest du dann trotzdem sagen: Ja, man soll sie vielleicht ein bisschen höher ansetzen. Ich weiß, es ist kundenspezifisch, je nachdem wie gut das Einkommen z.b. ist und wie weh das Darlehen am Ende tut und wie ein Zinsänderungsrisiko am Ende getragen werden kann. Aber hat sich grundsätzlich so die Einschätzung von dir geändert beim Thema Zinsbindung oder ist es immer noch wie vorher?
Ingo: Es gibt zwei Sichtweisen. Man könnte jetzt relativ einfach sagen, na ja jetzt muss ich vielleicht nicht ganz so lange die Zinsen festbinden, weil der Zins ist ja eh schon hoch und die Frage ist wie hoch kann er in zehn Jahren sein? Auf der anderen Seite ist natürlich gerade eine Spannende Situation am Markt eingetreten, eine sogenannte inverse Zinsstruktur. Das bedeutet, die langfristigen Zinsen sind nicht wirklich viel höher als die kurzfristigen. Also kurzfristig heißt, 5 oder 10
Christoph: ..teilweise sogar niedriger..
Ingo: ..ja teilweise, korrekt. Aber sagen wir mal so: im Schnitt kann man sagen, dass eine 15-jährige Zinsfestbindung jetzt im Augenblick ungefähr 0,1 teurer ist als 10 Jahre und Banken, die jetzt 20 Jahre Zinsbindung anbieten und auch 25 Jahre, da bietet sich das natürlich schon an, darüber nachzudenken längerfristige Zinsfestbindung zu nutzen. Also dafür ist der Zinsunterschied zu gering, dass es wirklich wehtut. Zumal – das ist ja auch meine wichtige Informationen – wenn ich als Kreditnehmer eine Zinsfestbindung wähle, die länger als zehn Jahre beträgt – also 15, 20 oder 25 und von mir aus auch 30 Jahre Zinsbindung – habe ich nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch immer ab dem 10. Jahr nach Vollauszahlung des Darlehens ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht. Das heißt, ich kann auch nach 13 Jahren oder nach 11 Jahren an nach 17 Jahren aus dem Kreditvertrag aussteigen. Das heißt, ich gehe in sehr geringes Risiko ein. Vielleicht habe ich etwas höheren Zinssatz, weiß aber: Okay, die Finanzierung ist sehr lange gebunden. Und wenn wider Erwarten das Zinsniveau nach 11 Jahren plötzlich niedriger ist, dann kann ich eine Sonderkündigung aussprechen, habe keine Kosten, halbes Jahr Kündigungsfrist und finanziere um.
Total unspektakulär und dementsprechend ist schon der Beratungsansatz aktuell dass man den Kunden zu einer längerfristigen Zinsfestbindung rät,
Das ist natürlich immer Strategie abhängig. Auch hier müssen wir natürlich beachten, je weniger Eigenkapital ich habe – und hier sind wir wieder im Risikobereich der Banken – je höher das Risiko der Banken ist, desto unflexibler wird die Finanzierung ganz einfach.
So kann man davon ausgehen, dass eine 20-Jährige Zinsfestbindung, die ja schon sehr interessant sein kann, fast gar nicht mehr darstellbar ist, wenn ich mehr als 90% vom Kaufpreis finanzieren muss.
Also, da muss man wirklich über die Strategie nachdenken, wie gehe ich da dran und wie kann ich vielleicht eine Finanzierung so aufstellen, dass ich mein Risiko trotzdem minimiere.
Das kann aber auch bedeuten dass man sich einfach anguckt – es gibt ja auch Kunden sich bewusst für eine zehnjährige Zinsfestbindung entscheiden – dass man dann aber sagt: Okay lieber Kunde, lass uns mal angucken wie hoch ist deine Restschuld nach 10 Jahren und zwar nicht mit irgendwelchen vorgegaukelten Sondertilgungen, sondern wirklich wenn keine Sondertilgungen erfolgt und dann lassen wir das Zinsniveau mal 5 oder 6 % steigen bei der gleichen Gesamtlaufzeit. Und auch da erleben wir regelmäßig, dass die Kunden beruhigt sind, dass es natürlich mehr wird in der monatlichen Rate – das geht ja gar nicht anders – aber dass es nicht so viel mehr ist, dass die Kunden deswegen in Panik verfallen und gar nicht mehr finanzieren. Das ist auch ein großes Problem haben Markt, das wir erleben: Es Wird gerade mit der Angst des Kunden Geld verdient. Und das ist schon immer so gewesen, dass Angst ein guter Verkaufsmotor ist, aber wir merken es gerade sehr extrem, hier wird über Bausparverträge gesprochen. Ich will damit nicht sagen, dass es grundsätzlich verkehrt ist, aber es muss passen und nicht in Panik irgendwas abgeschlossen werden, sondern auch hier geht’s wieder rein um die Strategie und wir müssen den Kunden die Möglichkeit geben, einfach ihre Möglichkeiten und ihre Risiken auch wirklich erfassen und selber einschätzen zu können.
Sind Bausparverträge für eine Immobilienfinanzierung sinnvoll?
Christoph: Du hast gerade selber schon das Thema Bausparverträge angesprochen. Das hatte ich auch ein paar mal auf den Tisch jetzt wo wirklich Bausparverträge zu – das Darlehen kann man denn später halt zudem deutlich niedriger Zinssatz in Anspruch nehmen als es jetzt vielleicht aktuell bei einer Direktaufnahme der Finanzierung der Fall wäre, dafür hat man halt einen Sparzins von 0,1 oder 0 und hat dann halt Opportunitätskosten, weil man keine Zinsen bekommt; hat dann vielleicht noch das Problem, dass der Bausparvertrag halt erst zu einem gewissen Zeitpunkt zuteilungsreif ist. Also, es sind ja gewisse Regeln hinter dem Bausparvertrag an sich. Gibt’s da Aussagen, die man treffen kann: Bausparvertrag in der aktuellen Situation macht absolut Sinn, weil man halt dann ein Darlehen zu niedrigen Zinsen bekommt oder siehst du die Geschichte doch eher kritisch?
Ingo: Ich sehe die Geschichte neutral. Jetzt habe ich sechs Jahre für die Landesbausparkasse gearbeitet, also für die sogenannte LBS. Das Bausparen ist mir nicht ganz fremd. Wir hatten eine ähnliche Situationen wie heute und ich kann halt einfach oder muss leider eingestehen, dass ich meine Kunden reihenweise schlecht beraten habe, also regelrecht über den Tisch gezogen habe.
Das habe ich nicht bewusst getan, ich war vom Bausparen überzeugt, aber einfach auch nur weil ich nicht bereit war, nach links oder rechts zu schauen und heute im Nachhinein bin ich ganz froh, dass das Zinsniveau sich nachher nach unten entwickelt hat und die Kunden mir treu geblieben sind. Wir haben aber nicht mit den Bauspardarlehen nachher weiter finanziert. Also, was will ich damit sagen? Letztendlich kann man nicht sagen, Bausparen ist gut oder schlecht.
Entscheidend ist, dass wenn ich eine Finanzierung mit einem Bausparvertrag kombiniere, dass der Kunde nicht nur die Vorteile sieht, sondern auch die Nachteile erkennt, damit der Kunde auch hier wieder in die Lage versetzt wird eine Entscheidung zu treffen.
Du hast das gerade so schön angesprochen: Wenn der Kunde sich für eine Bausparvariante entscheidet, dann dann hat das ja Konsequenzen. Das bedeutet, er nimmt einen Bausparvertrag mit in die Finanzierung, weil er davon ausgeht, dass die Zinsen in Zukunft noch weiter nach oben steigen und er sich jetzt ein günstiges Zinsniveau über das Bauspardarlehen sicher möchte.
Das heißt, man kann auch festhalten, ein Bausparvertrag ist das einzige Finanzierungsinstrument, was heute schon einen Darlehenszins verspricht. Die Herausforderung hier ist aber, dass es an Bedingungen geknüpft ist.
Das heißt ich muss eine gewisse Mindestansparung erreichen. Nehmen wir mal als Beispiel: man hat eine Finanzierung von 200.000 Euro und will das ganze mit Bausparen hinterlegen, dann kann man jetzt über den Daumen gebrochen, je nach Tarif sagen, dass der Kunde 40% Ansparung in den Bausparvertrag erreichen muss. Das heißt, im Regelfall wird die Tilgung die normalerweise ins Darlehen geht, als Ansparung in einen Bausparvertrag gepackt. Das ist erstmal nicht so dramatisch. Bei 200.000 Euro können wir sagen, 80.000 € müssen in diesen Bausparvertrag rein, damit ich dann nachher 120.000 Euro zu einem Darlehen – von mir aus – von 2 % bekomme.
So, die Herausforderung ist hier erstmal zu gucken, okay wie realistisch ist es 80.000 € zu tilgen, weil das geht mit der Zinsbindung natürlich einher. Das heißt, wenn ich 10 Jahre Zinsfestbindung übernehme, ist das eine Hausnummer. Das ist relativ einfach zu rechnen: da muss ich 4 % Tilgung pro Jahr erbringen, bei 10 Jahren 40 % …
Christoph: .. mit der Einzahlung in den Bausparvertrag ..
Ingo: Korrekt, da muss ich die praktisch als Einzahlung in den Bausparvertrag erbringen. Das kann natürlich flexibel gemacht werden, dass man
das mindeste einzahlt und den Rest versucht man über VL oder über Sonderzahlung rein zu bekommen, aber ich muss sagen aus der Erfahrung ist das wenigen Kunden wirklich gelungen die das vor hatten. Das ist ähnlich wie eine Sondertilgung, das gelingt auch wenigen.
Ich kann natürlich die Zinsfestbindung verlängern, dass ich sage, okay ich nehme dann halt 15 Jahre Zinsfestbindung. Dann habe ich natürlich eine geringere Tilgung, dann muss ich irgendwie 2,7% dort einzahlen.
Und jetzt kommt die Krux: Jetzt kommt der Kunde um die Ecke nach 15 Jahren und sagt, ich habe alles gemacht; ich habe 40 Prozent da eingespart und dann müssen wir den Kunden streicheln und sagen, hast du super gemacht, jetzt bekommst du das Darlehen zu 2 %. Und die Herausforderung ist, dass die Bausparkasse sozusagen das Darlehen nur vergeben kann, wenn eine sogenannte Bewertungszahl erreicht ist. Und jetzt wirds kompliziert. Das heißt, die Bewertungszahl ermittelt sich, wenn man das so salopp ausdrucken möchte, einmal aus dem, was der Kunde eingespart hat, dann wie liquide ist die Bausparkasse – also wie viele Bausparer sind gerade da, wie viel Einlagen sind da – und einer Zeit.
Das heißt, die Zeit (die 15 Jahre oder 10 Jahre Zinsbindung) die kann ich beeinflussen, das schaffe ich.
Die Ansparung kann ich auch beeinflussen, aber was ich nicht beeinflussen kann, ist: Ist die Bausparkasse zu dem Zeitpunkt in der Lage, mir das Darlehen zu geben?
Und das kann dazu führen, dass das Bauspardarlehen gegebenenfalls nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden kann, sondern gegebenenfalls noch mal eine Zwischenfinanzierung für zwei oder drei Jahre benötigt wird. Das hört sich sehr kompliziert an. Das ist das, was ich meine. Das muss der Kunde dann im Beratungsgespräch wirklich auseinanderklamüsert bekommen und nachvollziehen können.
Ja also, dementsprechend ist eine Finanzierung mit Bausparvertrag erstmal grundsätzlich eine Möglichkeit, um seine Finanzierung planbar zu machen, aber man muss klar sehen, wo sind auch die Risiken und wo kann diese vermeintliche Sicherheit nachher vielleicht doch zum Risiko werden.
Zumal: Ich habe ja während der ersten 10 oder 15 Jahre keinen Cent getilgt. Das heißt, meine Zinsen bezahle ich auf die volle Darlehenshöhe.
Jetzt könnte ja jemand kommen, der das hört und sagt, ja gut dann mache ich einmal eine Tilgung in das Darlehen rein und einen Bausparvertrag.
Das ist dann wieder, wenn ich versuche, mit einem Hintern zwei Pferde zu reiten. Das geht im Regelfall gar nicht, weil da muss ich auf der einen Seite eine Tilgung zur Bank bezahlen und versuche dann die Restschuld über einen Bausparvertrag abzusichern. Das ist schon eine Herausforderung und auch hier sage ich, es ist nicht unmöglich, es geht auch um eine Strategie. Es kann ja sein, dass beispielsweise die 95-Jährige Oma einfach gesagt hat, okay hier ihr kriegt auf jeden Fall 100.000 € und man weiß, okay wahrscheinlich wird das nicht mehr 20 Jahre dauern. Dann könnte das ja eine Strategie sein, wo man mit arbeiten kann – als Beispiel.
Christoph: Also, was ich tatsächlich noch öfter habe als es wirklich in konkretes Finanzierungsvorhaben einzubringen, was heute umgesetzt wird: Es steht eine Anschlussfinanzierung an in 3, 4 Jahren und dann kommt die Bank um die Ecke und sagt, hey, dann schließ doch einen Bausparvertrag ab, damit du jetzt halt dann keine 3% Zinsen zahlst oder 3,7 sondern halt zwei – was auch immer in dem Bausparvertrag vereinbart ist – also dass das quasi entweder im Nachhinein dann genutzt wird, um irgendwie eine Anschlussfinanzierung abzusichern. Dann stellt sich bei mir immer die Frage: Okay, das was du geschildert hast, wenn die Anschlussfinanzierung nur noch 3, 4 Jahre hin ist, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass da genug Geld im Bausparvertrag ist und dass dann tatsächlich das Darlehen genommen werden kann. Das ist die eine Situation, die mir aktuell begegnet. Und die andere Situation ist, dass noch gar kein Objekt da ist, aber irgendwann vielleicht mal in 2, 3, 4 oder in 10 Jahren eine Immobilie kommen könnte und man dann halt überlegt, okay, nehme ich jetzt schon einen Bausparvertrag? Aber auch dort ist ja völlig unklar, wann das Objekt erworben wird und ob dann das Instrument in dem Moment genutzt werden kann.
Ist es dann, wenn man eben keinen klaren Ablaufplan im Kopf hat und sagen kann, okay das Objekt kommt in drei Jahren oder in zehn Jahren. Wäre das ein Ausschlusskriterium für ein Bausparvertrag? Weil er halt zu unflexibel ist, um reagieren zu können. Im Zweifel habe ich ja dann quasi Opportunitätskosten in Kauf genommen, weil ich kein Ansparzins hatte. Den hätte ich ja dann mitnehmen können in der Zwischenzeit, wenn ich das auf ein Festgeld gespart hätte oder in Anleihen oder sonstigen Instrumenten.
Würdest du dann sagen, wenn es eben nicht genau planbar ist, wann ein Objekt gebraucht wird oder die Anschlussfinanzierung schon relativ nah ist, dass ein Bausparvertrag dann in dem Moment eher keinen Sinn macht?
Ingo: Also erst Mal: Auch hier geht’s wieder um die Strategie. Auch Bausparkassen sind in den letzten Jahren flexibler geworden. Das auch gut so.
Das heißt, ich kann heute nicht sagen, dass, wenn jemand in drei Jahren beispielsweise seine Zinsfestbindung beendet, er deswegen keinen Bausparvertrag abschließen kann.
Aber auch hier geht’s wieder um die Strategie. Wenn der Kunde 200 € im Monat sparen kann und versucht damit eine Restschuld von 200.000 € in drei Jahren abzusichern – da müssen wir nicht drüber reden – ist es ziemlicher Unsinn. Weil das nicht funktionieren wird, weil auch hier gilt wieder die Regel: ungefähr 40% muss ich ansparen, um das Risiko auch wirklich dann in dem Moment auszumerzen. Es gibt mittlerweile auch Tarife, wo es mit 30% Ansparung funktioniert, aber die haben dann andere Nachteile.
Dementsprechend ist es im Anschlussfinanzierungsbereich tatsächlich am interessantesten, wenn jetzt jemand beispielsweise sagt, okay ich habe einen Bausparvertrag, vielleicht auch noch aus dem Bestand, der wirklich eine gute Verzinsung hat und man kann eine Einzahlung machen, die gerade auf dem Konto liegt oder die gerade von den Eltern zur Verfügung gestellt wird oder wie auch immer. Dann kann das eine Option sein aber man muss sagen, das ist genau das, was am Mark gerade passiert, dass die Banken, die freuen sich natürlich wieder wie verrückt, dass man Bausparen wieder verkaufen kann, dass die das versuchen, den Kunden aufs Auge zu drücken für die Anschlussfinanzierung. Wohl mit der Konsequenz, dass es im Regelfall nicht funktioniert. Das muss man so deutlich sagen und deswegen ist immer wichtig, dass man vorher wirklich sich das anguckt: wie funktioniert so ein Bausparvertrag und was muss ich überhaupt machen? Weil das ist ein bisschen so wie ich habe Angst vor meiner Rente, ich weiß nicht so genau, was ich so kriege und wie das so weitergeht und deswegen schließe ich eine Rentenversicherung ab. Das ist ein reiner Alibi-Abschluss. So funktioniert es beim Bausparen auch.
Ich habe irgendwas getan dafür, dass ich so ein bisschen Zinsgarantie habe, aber so genau wie das funktioniert, weiß ich eigentlich nicht. Also da auch wieder Strategie.
Deswegen glaube ich, im Anschluss Finanzierungsbereich, wenn das so 3-4 Jahre noch dauert, da gibt es andere Möglichkeiten, die sicherlich interessanter sind bzw wo man eine andere Planbarkeit vielleicht rein bekommen kann.
Anders sieht es natürlich aus wenn ich jetzt noch eine Zinsfestbindung habe von sieben Jahren oder acht Jahren. Da kann das Sinn machen oder Sinn ergeben, aber auch da kommt es auf die Strategie an, weil auch da machen wir die Erfahrung, wie du das gerade richtig gesagt hast, man muss das mal gegenüberstellen, wenn ich jetzt ein Bausparvertrag an spare oder wenn ich das gleiche Angesparte vielleicht so investiere, dass ich eine viel Rendite bekomme, dann habe ich teilweise einfach mehr davon.
Das muss man klar sagen. Aber das ist wieder eine Strategiegeschichte und dann würde ich vielleicht nicht unbedingt mit dem Banker drüber sprechen, der mir dem Bausparvertrag verkaufen möchte oder mit einer Bausparkasse. Genauso wenn ich mit Investment-Typen spreche über Bausparen. De wird wahrscheinlich auch nicht juhu schreien. Also, das ist schon sinnvoll sich da mit dem unabhängigen Experten einfach zusammen zu setzen und vielleicht auch mal bereit sein, Honorar zu bezahlen. Dass man eine subjektive Meinung bekommt und auch mal aufgezeigt bekommt – das gibt’s ja, die Möglichkeiten – um das mal zu erkennen, wo liegt der Vorteil bei A und wo liegt der Vorteil bei B und bei den Nachteilen genauso. Was z.b. interessant sein kann, ist ein Bausparvertrag einzusetzen für eine Krankenversicherung vom Haus. Das könnte ja vielleicht eine Idee sein. Wenn man sagt, man hat eine Immobilie und da wird innerhalb der nächsten 5-6 Jahre vielleicht mal irgendwas fällig und da weiß man, da braucht man ein kleines Darlehen für. Dafür ist vielleicht ein Bausparvertrag dann in dem Augenblick eher geeignet.
Christoph: Man merkt, dass du im Immobilienbereich berätst: Krankenversicherung fürs Haus habe ich auch noch nicht gehört.
Ingo: Das finde ich ganz spannend. Das kann tatsächlich relativ einfach sein. Aber du hattest gerade noch eine zweite Frage gestellt. Die ist mir gerade entfallen fallen. Hilf mir noch mal: Anschlussfinanzierung und ..?
Christoph: Genau, das eine ist, wenn noch gar keine Immobilie da ist und der Mandant dann dann sagt, okay ich nehme jetzt einen Bausparvertrag, weil da niedrige Zinsen drin stehen und es hilft mir dann vielleicht bei der Finanzierung später.
Ingo: Also auch hier gibt es kein richtig oder falsch, das muss man auch sagen. Auch hier geht’s wieder um die Strategie – wahrscheinlich kann man das Wort nicht mehr hören – aber man muss das einfach klar sagen. Das, was viele Kunden nicht wissen, ist, sie schließen jetzt bei der Sparkasse oder bei der Volksbank oder bei der Deutschen Bank oder wo auch immer einen Bausparvertrag ab, mit dem Ziel im 5 6 7 8 9 10 Jahren etwas zu erwerben.
Dann ist das erstmal ja nicht verkehrt. Bevor man das Geld ausgibt, legt man es in einen Bausparvertrag an. Das kann für eine Immobilienfinanzierung Sinn machen, aber auch hier gibt’s natürlich andere Anlagemöglichkeiten.
Aber das größte Problem, was ich hier sehe und das wissen die Kunden im Regelfall nicht, ist die Abhängigkeit, die entsteht. Ich nehme als Beispiel: ich bin ja ehemaliger Sparkassenmitarbeiter, deswegen werden die Kollegen mir jetzt nicht böse sein, aber wenn ich jetzt bei der LBS einen Bausparvertrag abschließe über eine relativ hohe Summe. Ich nehme mal als Beispiel: ich will mir was kaufen und der Banker berät mich: Ja, 200.000 € Bausparsumme, das wäre sicherlich sinnvoll.
Dann bedeutet das im ersten Step schon mal für mich, dass ich eine relativ hohe Abschlussgebühr bezahlen muss. Also, ich erkaufe mir ja eine Zinsgarantie damit.
Christoph: wie hoch ist so eine Abschlussgebühr?
Ingo: Ja zwischen 1 und 1,6% je nach Tarif und Bausparkasse für den kompletten Vertrag, das ist für die Bausparkasse und auch für den für den Vermittler erstmal ein schönes Geschäft. Das heißt jetzt nicht, dass es von Kunden kein schönes Geschäft wird, aber die Erfahrung zeigt halt, die Frage ist: ist das sinnvoll? Jetzt passiert folgendes: Der Kunde spart in diesem Bausparvertrag über Höhe 200.000 € – wir haben gelernt, ungefähr 80000 € müssen da sein, damit das Bauspardarlehen auch zu Verfügung gestellt wird im besten Falle. Jetzt findet der Kunde was in drei Jahren. Jetzt geht der freudestrahlend mit seinem LBS-Bausparvertrag zu einer ING-DiBa und sagt, so hier ich habe ein Bausparvertrag, ich hätte gerne eine Finanzierung. Da sagt sich die ING-DiBa: Schön, aber mit dem LBS-Vertrag können wir nicht arbeiten.
Sagt der: Wie? Wir können damit nicht arbeiten? Da kommt nämlich die Krux. Bausparkassen haben immer Verbundpartner: LBS mit Sparkasse, Schwäbisch-Hall mit Volks und Raiffeisenbank, ja im Genossenschaftssektor.
Das heißt, wenn ich eine gewisse Höhe an Bauspardarlehen erreiche, im Regelfall über 30.000 Euro Darlehensanspruch, brauche ich einen Verbundpartner. Und wenn es ganz doof läuft, bedeutet das, ich habe meinen Bausparvertrag schon gut angespart, muss aber dann den dementsprechenden Verbundpartner nehmen, beispielsweise hier in der Sparkasse. Wenn ich das aber nicht möchte, dann kann ich den Bausparvertrag auflösen und das Guthaben da raus nehmen. Dann habe ich natürlich ein schlechtes Geschäft gemacht.
Also auch hier ganz wichtig, das soll nicht heißen, dass Bausparen total schlecht ist oder dass die Sparkasse total schlecht ist. Das ist nur ein Beispiel, aber auch hier ist es wichtig zu schauen, okay welche Konsequenz hat das, wenn ich jetzt einen Bausparvertrag abschließe, um in Zukunft mir eine Immobilie zu kaufen.
Weil es gibt nichts ärgerliches und ich habe das – ich bin ja jetzt als freier Finanzierungsberater unterwegs, dementsprechend kommen Kunden mit solchen Bausparverträgen und wir haben ganz oft die Situation, dass diese Bausparverträge aufgelöst werden. Und das ist dann echt schade. Und vor allem ärgert sich der Kunde natürlich dann auch in dem Augenblick, weil er die Abschlussgebühr nicht wieder bekommt, die ist weg.
Christoph: Und du hattest ja in der Zeit die Opportunitätskosten in Form von entgangenen Zinsen. Das hat dann einfach in dem Moment halt richtig Geld gekostet.
Ingo: Wenn Bausparen so gut funktionieren würde wie es auf dem Blatt Papier erstmal grundsätzlich steht, müsste jeder Kunde eine Finanzierung mit Bausparen aufschließen.
Dann wäre man ja bescheuert, wenn man das nicht tut. Weil dann dann habe ich ja eine komplett durchgeplante Finanzierung. Und ein Punkt ist noch wichtig zu wissen: Wenn ich einen Bausparvertrag nachher – jetzt nehmen wir mal den Fall es läuft super: ich habe meinen Bausparvertrag nach 8 Jahren so angespart, dass ich auch das Bauspardarlehen bekomme. Hier wieder: ich habe 80.000 € Eigenkapital in dem Bausparvertrag und 120.000 Euro bekomme ich als Bauspardarlehen und mein Verbundpartner, den ich brauche, der hat auch noch super Zinsen.
Dann freue ich mich und baue das mit ein, habe aber den Nachteil, weil ich davor nicht drauf geachtet habe, dass Bauspardarlehen im Regelfall eine kürzere Laufzeit haben.
Das heißt, während eine normale Baufinanzierung über 30, 35 Jahre im Regelfall gerechnet wird – hier auch wieder pauschalisiert – ist bei Bauspardarlehen die Laufzeit im Regelfall 12 bis 18 Jahre.
Und dementsprechend hoch geht natürlich meine monatliche Rate für einen dann relativ kleinen Teil von 120.000 Euro. Auch das muss natürlich im Vorfeld bedacht werden, weil das nützt mir ja nichts, wenn ich dann nachher zwar einen billigen Zins habe, habe aber so eine hohe Tilgung, dass ich die monatliche Rate nicht stemmen kann, wenn ich den Rest auch noch finanzieren muss.
Christoph: Es ist auch noch mal ein anderes Thema, dass ich quasi das Darlehen mit den niedrigeren Zins zuerst tilge. Was ich ja eigentlich gerne umgekehrt machen würde.
Ingo: Von der Wirtschaftlichkeit her wäre das so – korrekt – aber man sieht hier schon, dass Bausparen .. nochmals, da ists mir ganz wichtig, dass wir hier jetzt nicht sagen, Bausparen ist total doof, sondern entscheidend ist, dass man es wirklich so angeht dass es Sinn ergibt.
Christoph: Die Frage, die sich für mich dann immer stellt: Welcher Kunde hat dann wirklich verstanden, was er dort abschließt? Das dürften die allerwenigsten sein, weil die normale Vorgehensweise ist bei der Sparkasse – ich weiß nicht, ob es dort noch .. ich habe schon gehört dass es das vielleicht noch gibt: Bausparwochen. Und dann müssen die Bausparverträge raus und ich glaube nicht dass da jeder Kunde dann sich der Mittel und langfristigen Konsequenzen bewusst ist und das ebenso rational einschätzen kann: Macht es jetzt für mich wirklich Sinn oder macht es halt keinen Sinn.
Und das ist glaube ich das Fazit, was man sich hier mitnehmen kann. Wenn man sich für das Thema Bausparvertrag wirklich interessiert und wirklich vor der Entscheidung steht, nutze ich das Instrument mit, dass man dann halt wirklich entweder selber in der Lage ist zu schauen, was hat das jetzt für Konsequenzen später für meine Finanzierung. Was hat es für Konsequenzen, wenn vielleicht gar keine Finanzierung stattfindet, wenn ich noch kein Objekt habe. Was habe ich dann vor Opportunitätskosten und dann halt wirklich eine sinnvolle Entscheidung zu treffen.
Weil es eben keine wirklich pauschale Aussage gibt, wobei ich mir fast schon pauschal dann sagen würde, wenn ich eben nicht verstehe, was ich da tue, würde ich es eher sein lassen, weil so viele Fallstricke entstehen können.
Das sollte ich halt vorher verstehen. Wenn ich es verstanden habe, dann kann man da den Haken drunter machen, wenn es dann passt, aber wenn es halt wirklich nicht verstanden wird und wenn keine ordentlich Beratung dann vielleicht auch noch dazu erfolgt ist, dann würde er Abstand davon nehmen, weil es viele Fälle geben kann, wo es sich eher zum Nachteil als zum Vorteil entwickelt. Wenn man eine pauschale Aussage da vielleicht treffen möchte. Also das in der Bausparwoche bei der Sparkasse abzuschließen..?
Ingo: Ja das ist ganz wichtig: Der Bausparvertrag sollte definitiv verstanden werden. Ich sollte mich mit dem Thema Wohn-Riester ernsthaft beschäftigen, weil das wird natürlich auch extremst stark verkauft. Da gibt es auch eine tolle Werbung: bis zu 50.000 € schnellere Entschuldung und so weiter. Das ist auch nicht verkehrt.
Die Herausforderung ist nur, dass die meisten Kunden überhaupt gar nicht die Konsequenzen des Wohn-Riester kennen. Also sie wissen nicht was passiert
beim Todesfall und das ist nicht lustig. Sowohl dass jemand stirbt als auch die Situation die da mit dem wohnriestervertrag passiert. Was passiert, wenn ich meine Immobilie verkaufe, die ich so finanziert habe. Was ist mit der nachgelagerten Versteuerung, die mich auf jeden Fall trifft nachher im Rentenalter.
Das sind alles so Sachen, die muss ich wirklich berücksichtigen und das meine ich damit. Bausparen zu verkaufen ist relativ einfach. Ich muss ja nur die Vorteile nennen und dann sagt man, das ist ja super, was für ein tolles Produkt. Ich muss nur die Nachteile weglassen.
Und das ist genau das, was oft passiert. Das gilt aber grundsätzlich. Wir erleben jetzt im Augenblick eine Situation, wo Kunden vor 1, 2 Jahren finanziert haben und jetzt halt einfach Angst haben, weil sie eine zehnjährige Zinsvergütung abgeschlossen haben, aber sich nie mit ihrer Finanzierung auseinandergesetzt haben. Die wollten unbedingt die Immobilie haben und das musste ja schnell gehen. Das war ja immer so eine Situation. Die Kunden musst immer so schnell wie möglich eine Finanzierung auf den Tisch legen, damit dann auch das Objekt gekauft werden kann. Das hatte zur Konsequenz, dass die Kunden oft überhaupt gar keine richtige Strategie dahinter hatten und die stehen jetzt da und machen sich natürlich aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Situation auch Sorgen. Und das wird jetzt wieder ausgenutzt, indem halt solche Geschichten wie Bausparverträge dann verkauft werden.
Und ich kann auch hier wieder nur raten, wenn Kunden in dieser Situation sind:
Liebe Kunden, nehmt euch jemanden, der mit euch kein Geld verdient hat, der das völlig neutral betrachten kann und der nicht nur das Puzzleteil der Finanzierung eures Lebens betrachtet, sondern das Gesamtkonzept und euch dann wirklich in die Lage versetzt, eine vernünftige und eigene Entscheidung zu treffen.
Dafür muss man natürlich bereit sein, was zu bezahlen. Also, das wird jetzt keiner umsonst machen, also die Profis nicht, die das machen, aber es ist wirklich dringend notwendig, weil einfach nur einen Bausparvertrag abzuschließen, wird hinten raus – abgesehen von der Abschlussgebühr die ja nicht wenig ist – wahrscheinlich teurer als wenn man sich einmal intensiv damit beschäftigt und nachher ein gutes Gefühl hat und weiß, wie man sich entscheiden kann und vor allem seine Risiken und auch Möglichkeiten kennt.
Worauf es bei Anschlussfinanzierungen zu achten gilt
Christoph: Gehen wir mal vom Bausparvertrag noch einen Schritt weg. Und generell noch zum Abschluss des Thema Anschlussfinanzierung: Wenn ich jetzt vor der Situation stehe, mein Darlehen läuft noch 4 Jahre – also die Zinsbindung läuft noch 4 Jahre – und dann muss ich mich zu den aktuellen Zinsen eindecken. Ich denke, bei Darlehen, die schon 11, 12 Jahre laufen, wird es jetzt kein wirtschaftliches Risiko sein, weil es auch vor zwölf Jahren andere Zinsen gab, die nicht zu 1% Zinsen hatten, sondern dann halt von einem 3 % Zins wieder zu und 3% Zins gehen.
Aber wie soll ich generell mit dem Thema umgehen? Also wo es kritisch werden könnte, wenn man sagt, okay man hat eine wirklich extrem kurze Zinsbindungsfrist vereinbart, wobei ich gerade erlebt habe bei Mandanten, die sich vorher Gedanken gemacht haben die haben. Die haben 10, 15, 20, 25 Jahre abgeschlossen, die kürzere Zinsbindungsfrist genommen haben, die konnten es sich in der Regel leisten. Aber wenn ich wirklich vor der Situation stehe, okay ich mache mir Gedanken was passiert, wenn bei meinem Darlehen jetzt die Zinsbindung endet. Wie soll ich damit umgehen?
Ingo: Auch hier ist natürlich wichtig, erstmal ein Gefühl dafür zu bekommen, was passiert eigentlich jetzt, wenn die Zinsen höher sind. Was hat das für Auswirkungen, was für Konsequenzen. Weil das, was oft gesehen wird – nehmen wir mal einen Kunden, der jetzt im Regelfall vor sieben, acht oder neun Jahren finanziert hat, wird ein Zinsniveau um die 2% haben.
Der hört jetzt draußen: Zinsniveau von 4% und vom Gefühl her ist das gleich eine Verdoppelung der Rate. Und dann ist es sicherlich wichtig, sich heute mit dem Thema Anschlussfinanzierung zu beschäftigen, um einfach mal ein Gefühl dafür zu kriegen: okay, was bedeutet das eigentlich, wenn ich mir heute den Zins sichere, obwohl ich ihn erst in drei Jahren, in 2 Jahren oder in 1 Jahr brauche.
Und da ist oft die Erfahrung, die wir machen, die Banken haben ja auch eine Herausforderung. Die möchten ja auch …
Christoph: Also, kurz zum einhaken. Wir sprechen jetzt von einem Forward-Darlehen, was ich jetzt schon abschließe und das dann greift, wenn die Zinsbindung ausgelaufen ist.
Ingo: Korrekt. Und die Banken kämpfen ja im Augenblick auch um jeden Kunden. Das heißt, es gibt auch Banken, die dann wieder spezielle Aktionen haben für so eine Anschlussfinanzierung in der Zukunft – korrekt, so ein Forward-Darlehen – und dementsprechend ist das vielleicht schon interessant, sich das heute anzugucken.
Und was oft nicht gesehen wird, ist, ich als Kunde habe ja die Möglichkeit, zu entscheiden wie lange meine Laufzeit ist. Ich bin ja nicht verpflichtet, weil ich irgendwann mal vor 7 Jahren eine Finanzierung abgeschlossen habe, die in 30 Jahren fertig ist, dass ich nach zehn Jahren dann in 20 Jahren fertig sein muss, sondern ich kann ja entscheiden, wenn es hat gerade nicht passt, meine Laufzeit noch mal zu verlängern.
Und das schöne ist, langfristige Zinsbindung sind besonders attraktiv und da sind wir bei dir, was du gerade anfangs, Christoph, gesagt hast, dass teilweise die langfristigen Zinsen unter den kurzfristigen sind. Also hier im Vergleich z.b. 25 Jahre Zinsfestbindung günstiger als 10 Jahre Zinsfestbindung. Das ist immer dann, wenn die Kunden viel Eigenkapital haben und das ist jetzt das schöne für alle Kunden, die eine Anschlussfinanzierung brauchen, weil es geht ja gar nicht anders, man hat getilgt.
Und was auch nicht anders geht, der Objektwert auch aufgrund des aktuellen Zinsniveaus oder trotz des aktuellen Zinsniveaus sollte der Wert höher sein als der ursprüngliche Kaufpreis. Das heißt, ich bringe als Kunde, der eine Anschlussfinanzierung braucht, ein Delta mit zwischen meinen Wert heute und das was ich weiter finanzieren möchte, also einen Vorteil.
Und dann kann es sein, dass jetzt plötzlich Banken interessant werden im Anschluss-Forward-Bereich, die bei der 0 Finanzierung gar nicht in Frage gekommen wären. Und damit bringe ich eine gewisse Flexibilität mit rein. Das heißt, ich kann mir eine planbare Finanzierung vielleicht bis zum Ende einbauen mit z.b. einer flexiblen Sondertilgungsoption oder auch der Möglichkeit, die monatliche Rate noch mal nach oben und nach unten zu verändern; immer mit der Option dass ich ab dem 10 Jahr wieder das gesetzliche Sonderkündigungsrecht nutzen kann.
Das was jetzt auch schön ist im Anschlussfinanzierungsbereich, man kann sich jetzt schon mal Gedanken machen, brauche ich vielleicht noch mal Geld, weil jetzt werden die Karten neu gemischt. Möchte ich beispielsweise irgendwas modernisieren im Haus, möchte ich energetisch aufrüsten – das wird ja auch immer ein größeres Thema. Also das Schöne bei der Anschlussfinanzierung ist, man kann komplett neu planen.
Ich würde jedem Kunden raten, der innerhalb der nächsten drei Jahre Zinsauslauf hat, sich wirklich intensiv einfach mit der Anschlussfinanzierung oder hier mit einem Forward-Darlehen zu beschäftigen. Man muss es ja nicht direkt abschließen, aber man kann die Option mal kennenlernen.
Man kann merken, okay, kann ich mir hier noch mal zusätzliches Kapital aufnehmen, wie es meine monatliche Rate. Was wichtig ist was auch,
was nicht so richtig in den Köpfen ist, wenn der Zinssatz höher ist,
dann kann ich meine Tilgung niedriger machen, weil ich ein schneller kippendes Zins-Tilgung-Verhältnis habe. Hört sich sehr kompliziert an, aber es heißt, wenn ich vorher vielleicht mit 2% Tilgung arbeiten musste, um nach 30 Jahren fertig zu sein, kann jetzt vielleicht 1% Tilgung reichen. Dementsprechend sind auch hier bei der Anschlussfinanzierung die Risiken vielleicht gar nicht so hoch wie ich sie selber im Bauch habe.
Christoph: Also hier einfach der Hinweis, dann nicht in Panik verfallen und für die meisten dürfte das jetzt kein existenzielles Risiko werden. Zum einen weil das Darlehen schon ein Stück weit entschuldet ist und der höhere Zins, wenn es denn ein höherer Zins ist, auf eine niedriger Restschuld greift.
Es kann sogar sein, dass jetzt mehrere Banken in Frage kommen, weil die Bonität einfach Stück weit gestiegen ist, weil einfach das Objekt entschuldet ist und im Preis wahrscheinlich gestiegen ist, zumindest wenn es in urbanen Gebiet unterwegs ist. Wir haben auch ländliche Bereiche, wo die Preise in den letzten 10-15 Jahren in die entgegengesetzte Richtung gelaufen sind.
Und sich dann in Ruhe mit dem Thema wirklich beschäftigen.
Aber an der Stelle erstmal die Beruhigung, dass es die wenigsten wirklich hart finanziell treffen wird. Klar wäre es schöner, wenn man sich zu 1% anfinanziert hätte, aber wir leben halt jetzt in der in der neuen Realität.
Und dort einfach in Ruhe mit der Situation umgehen.
Ingo: Ja auf jeden Fall. Es wird sicherlich Kunden geben, die nachher erschrocken sind, weil sie in der ursprünglichen Strategie wirklich an die Belastungsobergrenze mit den geringsten Tilgungen und den geringsten Zinsen finanziert haben, aber im Regelfall erleben wir das so, dass die Kunden doch eher beruhigt sind, wenn sie sehen, was wirklich jetzt mit dem höheren Zinsniveau in der Rate passiert und welche Optionen einfach auch da sind.
Christoph: Dann vielen Dank Ingo. Außer du hast noch irgendwas was du unbedingt loswerden willst, habe ich alles erfahren, was ich mir so so mitgenommen hatte in das Gespräch. Vielen Dank für deine Expertise.
Vielleicht sieht man sich mal wieder im Podcast. Wir haben bestimmt noch das ein oder andere Thema. Also vielen Dank und dann bis zum nächsten Mal.
Ingo: Ja ich danke und ja vielleicht bis zum nächsten Mal. Ciao.