Gefühlt jeder Finanzberater nennt sich unabhängig. Für Verbraucher stellt sich damit die Frage, welchen Wert der Begriff der „Unabhängigkeit“ in der Finanzberatung überhaupt hat. Der folgende Artikel bringt Licht ins Dunkel.
Inhaltsverzeichnis
Ein undurchschaubares Dickicht an Marktteilnehmern
Ich bewege mich seit 5 Jahren in der Finanz- und Versicherungsbranche. Dabei habe ich verschiedenste Typen von Finanzberatern kennengelernt. Seien es nun:
- Versicherungsvertreter,
- Versicherungsmakler,
- Finanzanlagenvermittler,
- Versicherungsberater,
- Honorar-Finanzanlagenberater
und viele mehr …
Das Angebot an Finanzberatern ist ein nahezu undurchschaubares Dickicht an Marktteilnehmern, welches bereits bei einigen Brancheninsidern für Verwirrung zu sorgen scheint. Das wird allein daran deutlich, dass immer mehr Versicherungsmakler die Honorarberatung für Privatkunden für sich entdecken …
Wobei Maklern klar sein sollte, dass ihnen von Seiten des Gesetzgebers nur die Honorarvermittlung erlaubt ist. Das ist ein fundamentaler Unterschied zur Beratertätigkeit, der bei Nichtbeachtung zu existenzbedrohenden Haftungsfallen für den Finanzberater und zu herben Enttäuschungen beim Verbraucher führen kann.
Wenn schon Dienstleister den Überblick verloren haben, ist es wenig verwunderlich, dass der Endkunde noch schwerer einschätzen kann, wer für ihn der richtige Ansprechpartner ist.
Etwas Licht ins Dunkel bringen zwei Artikel, die ich auf der Finanzküche veröffentlicht habe:
- Versicherungsberater vs. Versicherungsmakler: Wer ist der richtige Ansprechpartner?
- Welche Qualifikation sollten Finanzberater haben? Ein Erfahrungsbericht.
Die inflationäre Verwendung des Unabhängigkeits-Begriffes
Komplettiert wird die Verwirrung durch die inflationäre Verwendung des Begriffes der Unabhängigkeit. Gefühlt jeder Finanzberater nennt sich unabhängig. Das wird allein an meinem Beispiel deutlich:
Ich habe mich bereits mit Brancheneintritt als unabhängig bezeichnet. Dabei war ich zu Beginn noch als Versicherungsvertreter für einen Strukturvertrieb tätig. Im Anschluss habe ich als Versicherungsmakler gearbeitet … was blieb war der Begriff der Unabhängigkeit. Heute bezeichne ich mich ebenfalls als unabhängig, obwohl (oder gerade weil) die Zeit als Vertreter und Makler längst vorbei ist.
Das Problem ist, dass Unabhängigkeit ein dehnbarer Begriff ist.
Als Verbraucher sollte man in jedem Fall genau nachfragen, was ein Finanzberater meint, wenn er sich als unabhängig bezeichnet …
Unabhängig vom Arbeitgeber? Unabhängig von einer einzelnen Versicherung? Unabhängigkeit vom Produktverkauf? Unabhängig von was eigentlich?
Eine Beratung frei von Interessenskonflikten gibt es nicht
Je nach Betrachtungswinkel bin auch ich als Versicherungsberater und Honorar-Finanzanlagenberater abhängig. Zunächst einmal bin ich davon abhängig, dass meine Mandanten bereit sind, mir ein Honorar zu überweisen. Was in Ordnung ist, da durch diese Abhängigkeit kein Interessenskonflikt zwischen mir und meinen Mandanten entsteht. Das ist es dann auch, was die meisten Mandanten eigentlich suchen …
Einen Berater, der in ihrem Interesse berät.
Dabei sollte klar sein:
Eine Beratung frei von Interessenskonflikten gibt es nicht.
Auch wir hochgelobten Honorarberater sind falschen Anreizen ausgesetzt. Wer nach Stunde abrechnet, könnte beispielsweise geneigt sein, Beratungen unnötig in die Länge zu ziehen. Darüber hinaus ist es denkbar, dass vom Honorarberater Lösungen bevorzugt werden, die er selbst mit seiner Beratungsleistung abdecken kann, da der Auftrag ansonsten an ihm vorbeigeht.
Schaut man sich einen Versicherungsmakler an, ist sein Vergütungsanspruch direkt an den Vermittlungserfolg gekoppelt. Er ist also abhängig vom erfolgreichen Produktverkauf. Dabei spielt es keine Rolle, ob der eine Provision vom Versicherer erhält oder ein Vermittlungshonorar direkt vom Kunden.
Der Versicherungsvertreter ist neben der Abhängigkeit vom Produktverkauf noch abhängig von den Weisungen seiner Versicherungsgesellschaft.
Eine Gemeinsamkeit haben alle Finanzberater
Wer als Finanzberater langfristig am Markt bestehen will, ist auf zufriedene Mandanten angewiesen. Jeder Beratertyp wird damit im Rahmen seiner Möglichkeiten versuchen, das Beste für seine Mandanten herauszuholen. Ansonsten bleiben Empfehlungen aus und Bestandskunden suchen sich andere Berater.
Ob es dann tatsächlich gelingt, die besten Lösungen für die eigenen Mandanten zu erarbeiten, hängt vom rechtlichen Rahmen ab, indem sich der Berater bewegt und natürlich in hohem Maße von seinen Fähigkeiten.
Resümee: Wie finde ich einen unabhängigen Finanzberater?
Letztlich sollten sich Verbraucher fragen:
Was möchte ich und was ist mir wichtig?
Nach Klärung der Frage, kann auch die Entscheidung getroffen werden, was das Wort unabhängig eigentlich bedeuten soll …
- Unabhängig vom Produktverkauf?
- Unabhängig von einer einzelnen Gesellschaft?
- Unabhängig von einem Arbeitgeber?
- Unabhängig von … ?
Im Anschluss kann die erfolgreiche Suche nach einem „unabhängigen“ Finanzberater beginnen.
Dein Finanzkoch
Christoph Geiler