Die Lobpreisungen zu „Die 7 Wege zur Effektivität“ von Stephen R. Covey überschlagen sich regelrecht. Das Buch wird als Schlüssel zum Erfolg, er selbst als Sokrates bezeichnet. Über 40 Millionen verkaufte Exemplare und Übersetzungen in 50 Sprachen sind zu verzeichnen. Auch wir orientieren uns bei unserer Arbeit an den 7 Wegen und finden Inspiration in dem Buch.
Was macht dieses Buch so besonders? Und wo liegen möglicherweise seine Grenzen?
Inhaltsverzeichnis
Wer war Stephen Covey?
>Stephen R. Covey wurde am 24. Oktober 1932 in Salt Lake City, Utah geboren. In seiner Jugend war er sportlich sehr aktiv, bis ihn eine Erkrankung des Oberschenkelgelenks dazu brachte, sich mehr seinen akademischen Interessen zuzuwenden. Er wurde Mitglied im Debattierclub und beendete vorzeitig die Schule.
Er studierte Betriebswirtschaftslehre an den Universitäten in Utah und Harvard und promovierte im Bereich Religiöse Bildung an der Brigham Young Universität. Im Laufe seiner Karriere erhielt er 10 Ehrendoktortitel.
Mit seiner Arbeit in den Bereichen Bildung und Führungskräfteentwicklung hatte er es sich zum Ziel gesetzt, veraltete Anschauungen innerhalb von Organisationen zu hinterfragen und ein Prinzipien geleitetes Verhalten zu etablieren. Dabei konzentrierte er sich vor allem auf die individuelle Ebene. Wer Verantwortung übernimmt und an seinem Charakter und Verhalten arbeitet, kann erfolgreich werden. Dass es hier auch Grenzen geben kann, werden wir später noch sehen.
Zeit seines Lebens war Covey Mitglied der Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage, auch besser bekannt als die Glaubensgemeinschaft der Mormonen. In seiner Jugend missionierte er in England und schrieb später zahlreiche religiöse Texte.
Auch in seinen „7 Wegen“ scheint der Glaube Coveys an einigen Stellen durch, dennoch ist es ein säkulares Buch. Laut Covey basiert es auf >universellen Naturgesetzen und die zugrundeliegenden Prinzipien seien unveränderlich.
1985 gründete Covey das „Covey Leadership Center“, welches 1997 mit einem anderen Unternehmen zu FranklinCovey fusionierte. Das Management-, Trainings- und Consulting-Institut arbeitet sowohl mit Einzelpersonen als auch Unternehmen zusammen. Die Philosophie hinter dem Institut basiert ebenfalls auf den 7 Wegen zur Effektivität.
Laut Aussage seines Sohnes im Vorwort zum Buch lebte Covey auch privat nach seinen Lehren. Mit seiner Frau und seinen 9 Kindern praktizierte er die 7 Wege und widmete sich auch seinen 52 Enkelinnen und Enkeln mit Hingabe.
Am 16. Juli 2012 starb Stephen Covey an den Folgen eines Fahrradsturzes.
Worum geht es im Buch?
Grob gesagt, geht es im Buch um persönlichen und beruflichen Erfolg. So verspricht es auch das Buchcover. Damit ist klar, in welchem Genre wir uns befinden: der Selbsthilfelektüre.
Covey sagte von seinem Buch, dass er die zugrunde liegenden Prinzipien nicht erfunden habe. Er sammelte Erkenntnisse aus 200 Jahren Forschung zu Persönlichkeitsentwicklung und Führung, brachte sie in ein kohärentes Gesamtgebilde und voilá: die 7 Wege waren geboren.
Eine der wichtigsten Erkenntnisse und die Grundlage dieses Buches bildet die Abkehr von der sogenannten Persönlichkeitsethik, die die Forschung in diesem Bereich seit den 50er Jahren prägte und die Hinwendung zur Charakterethik.
Die Persönlichkeitsethik setzte Erfolg mit Außenwirkung gleich. Im Zentrum standen das öffentliche Image und Ansehen sowie soziale Beziehungen. Persönliches Wachstum sollte durch Motivationssprüche und eine positive innere Haltung erreicht werden. Laut Covey wird hier Anerkennung durch Manipulation erreicht und kann dadurch nicht zu nachhaltigem Glück und Erfüllung führen.
Die Charakterethik beruht dagegen auf grundlegenden Prinzipien für ein effektives Leben. Im Mittelpunkt stehen Charaktereigenschaften wie Integrität, Treue, Gerechtigkeit und Mut. Sind diese Prinzipien fest verankert, stellen sich Erfolg und Glück ein.
Die Wende, die Covey hier vertritt, ist von großer Bedeutung. Persönliche Weiterentwicklung setzt mit der Charakterethik weit unter der Oberfläche an. Auch wenn Methoden (wie Zeit- und Selbstmanagement) und Werkzeuge (wie Tagesplaner) einen positiven Beitrag leisten und Teil des Wachstums sein können, stehen sie hier nicht im Zentrum. Sie sind Hilfsmittel für eine Veränderung, die aus dem tiefsten Innern kommt.
Die 7 Wege zur Effektivität
Wer sich auf das Buch die >7 Wege zur Effektivität* einlässt und bereit für ein Prinzipien geleitetes Leben ist, den nimmt Covey mit auf die Reise über 7 Wege zum persönlichen Erfolg. Interessant ist, dass im englischen Original von 7 habits, also Gewohnheiten, die Rede ist. Das trifft es meiner Ansicht nach besser, handelt es sich hier doch um Verhaltensweisen, die gelernt und geübt werden und dauerhaft bestehen, und weniger um Wege, die betreten und wieder verlassen werden können.
Im Buch geht es eher um einen Weg (Covey spricht von einem Reifekontinuum), der von der Abhängigkeit über die Unabhängigkeit hin zur Interdependenz führt. Konkret bedeutet das, dass wir mit Hilfe der 7 Gewohnheiten körperlich, geistig, emotional und finanziell unabhängiger werden können. Haben wir es zu dieser Reife geschafft, können wir in die wechselseitige Abhängigkeit eintreten, das heißt, einen gemeinschaftlichen Wert schaffen, der größer ist als der Beitrag jedes Einzelnen.
Wie sehen nun konkret die 7 Gewohnheiten aus?
1. Pro-aktiv sein: Für Covey bedeutet Pro-Aktivität, die Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. Pro-aktive Menschen werden nicht von äußeren Umständen gesteuert. Sie erhalten Antrieb aus ihren inneren Werten. Auf äußere Reize reagieren sie auf Grundlage dieser Werte und nicht auf Grundlage von Gefühlen. Sie konzentrieren sich auf ihren Einflussbereich und gehen Verpflichtungen ein, die sie auch bestrebt sind zu halten.
2. Schon am Anfang das Ende im Sinn haben: Das bedeutet, dass wir bei allem, was wir tun, immer eine klare Zielvorstellung vor Augen haben sollten – also zu wissen, wo man hin will. Damit wir uns unsere Ziele bewusst machen und einen Weg dahin finden können, schlägt Covey die Erstellung eines persönlichen Leitbildes vor.
Dieses persönliche Leitbild stellt den Kern des Buches dar. Denn es wurzelt in unseren Prinzipien, die wir zunächst bei uns selbst ergründen müssen. Darauf aufbauend können wir definieren, was und wohin wir wollen und was wir dafür tun müssen. Dieses Leitbild soll uns für den weiteren Weg Orientierung, Sicherheit, Weisheit und Kraft geben, indem es ganzheitlich alle Lebensbereiche aufnimmt und nach den Prinzipien ausrichtet.
3. Das Wichtigste zuerst tun: Diese Gewohnheit umfasst das persönliche Management und soll dabei helfen, die ersten beiden Gewohnheiten umzusetzen. Dazu bedient sich Covey verschiedener Managementmethoden wie die Zeitmanagement-Matrix.
Diese Matrix kategorisiert Tätigkeiten nach ihrer Wichtigkeit und Dringlichkeit. Covey führt dazu aus, dass wir uns häufig mit Tätigkeiten beschäftigen, die wichtig und dringlich. Zu häufig vernachlässigen wir Tätigkeiten, die wichtig aber nicht dringlich sind. Dazu gehören zum Beispiel präventive Maßnahmen wie Sport und Erholung, aber auch Beziehungsarbeit und das Erkennen neuer Möglichkeiten.
Es sind aber genau diese Tätigkeiten, die irgendwann dringlich werden, wenn man sie lange Zeit ignoriert. Konzentrieren wir uns dagegen auf die wichtigen, nicht dringlichen Tätigkeiten, wird die Liste der dringlichen Angelegenheiten kleiner und wir schaffen eine Grundlage, auf der wir effektiver arbeiten und leben können.
4. Gewinn / Gewinn denken: Haben wir es bis hierhin geschafft und uns die ersten 3 Gewohnheiten zu eigen gemacht, sind wir auf unserem Weg in der Unabhängigkeit angelangt. Von nun an geht es darum, als Teil einer Gemeinschaft auf diese und in dieser zu wirken. Effektive Beziehungen sind essenziell für persönlichen und beruflichen Erfolg.
Hier führt Covey das „emotionale Beziehungskonto“ ein, das beschreibt, wie viel Vertrauen in einer Beziehung aufgebaut worden ist. Wenn ich anderen gegenüber freundlich, ehrlich und zuverlässig bin, steigt mein Guthaben. Bin ich dagegen aggressiv, reagiere über oder bin ignorant, geht Guthaben verloren. Diese Vertrauensbeziehung bildet die Basis für die nächsten Gewohnheiten.
Zur Effektivität in sozialen Beziehungen trägt das Gewinn / Gewinn denken bei, das sich seit den 80er Jahren im allgemeinen Sprachgebrauch verankert hat. Leider wird der Begriff oft falsch verstanden oder unzureichend umgesetzt. Hier geht es weniger darum, Kompromisse einzugehen, um einen Konsens zu erlangen, der nicht zu viele Nachteile mit sich bringt. Vielmehr geht es darum, Lösungen zu finden, die für alle Seiten vorteilhaft und zufriedenstellend sind.
In einem kooperativen Umfeld entscheidet man sich nicht für den Vorschlag einer der beiden Seiten. Man findet einen gemeinsamen Weg, der auf eine höhere Ebene führt.
5. Erst verstehen, dann verstanden werden: Bei dieser Gewohnheit geht es um die Prinzipien der einfühlenden Kommunikation. Man sollte verstehen wollen, was der Gesprächspartner sagt. Dazu muss ich ihm gegenüber offen sein und seine Perspektive einnehmen. Wenn ich nicht verstehe, was genau das Problem ist und wie er es wahrnimmt, kann ich keine passende Lösung bieten.
„Verstanden werden“ heißt, Lösungen oder Ideen klar, konkret, anschaulich und im Kontext des Verstehens zu präsentieren. Voraussetzung dafür ist Glaubwürdigkeit beziehungsweise ein hohes Guthaben auf dem Beziehungskonto. Gegenseitiges Verstehen führt auch eher zu Gewinn / Gewinn Situationen.
6. Synergien schaffen: Das klingt mittlerweile sehr abgedroschen, zeigt aber gleichzeitig, welchen Einfluss diese Ideen in den letzten Jahrzehnten auf uns hatten. Synergie bedeutet für Covey, dass das Ganze größer ist als die Summe seiner Teile.
Die ersten 5 Gewohnheiten spielen hier unmittelbar rein. Durch sie wird ein kreativer Prozess gestartet, der im besten Fall Innovationen und Lösungen auf einer höheren Ebene hervorbringt.
7. Die Säge schärfen: Wenn wir es geschafft haben, über die ersten 6 Gewohnheiten in die Interdependenz zu gelangen, heißt das nicht, dass der Prozess abgeschlossen ist und wir für immer am Ziel angelangt sind. Covey sagte über sich selbst: „Ich ringe täglich damit, die 7 Wege in meinem Leben umzusetzen.“
Das heißt nicht, dass er es bisher noch gar nicht umgesetzt hat, sondern es konstante Arbeit an sich selbst voraussetzt, um Unabhängigkeit und Interdependenz (wieder) zu erlangen. Wir müssen immer wieder die Voraussetzungen dafür schaffen, dass unsere Gewohnheiten bestehen bleiben.
Dazu gehören vor allem Tätigkeiten, die wir weiter oben als wichtig, aber nicht dringend eingeordnet haben. Wenn wir uns nicht um unsere physischen, psychischen, spirituellen und sozialen Bedürfnisse kümmern, wird es uns schwer fallen, die Gewohnheiten beizubehalten.
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Wie ist das Buch?
Auch wenn Covey sich nicht alles selbst ausgedacht hat, ist ihm mit diesem Buch etwas gelungen, das die meisten Selbsthilfebücher nicht schaffen. Er hat ein kohärentes Konzept erstellt, das auf der einen Seite viel tiefer geht als andere. Indem er die Charakterethik und ein Prinzipien geleitetes Leben zur Basis der persönlichen Weiterentwicklung macht, hängt der einhergehende Erfolg nicht von moralischen Ansichten und Werten ab. Denn diese können sich im Laufe der Zeit ändern. Die Prinzipien sind dagegen fest im Inneren verankert und alle Zeit gültig.
Auf der anderen Seite geht er viel höher hinaus. Das Buch endet nicht nach der dritten Gewohnheit, wenn man es in die Unabhängigkeit geschafft hat. Danach beginnt der eigentlich schwierige und mindestens genauso wichtige Teil des Buches.
Das Streben nach Interdependenz ist grundlegend für persönlichen und beruflichen Erfolg, denn wir leben nicht für uns allein. Effektive Beziehungen sind ebenso wichtig wie die Arbeit an uns selbst.
Ein weiterer wichtiger Teil des Buches ist die Erstellung eines persönlichen Leitbild. Dieses bildet den Kern der inneren Veränderung. Ein solches Leitbild ist eine ganzheitliche Methode, die einem Klarheit und Orientierung verschaffen kann. Covey gibt dazu viele Denkanstöße und Umsetzungsvorschläge an die Hand, die einem helfen, das eigene Leitbild zu formulieren und in der Praxis anzuwenden. Ich kann mir gut vorstellen, dass ein Prinzipien basiertes Leitbild einen deutlichen Nutzen bringen kann – aktuell arbeite ich noch an meinem.
Am Ende jedes größeren Kapitel wartet das Buch mit praktischen Umsetzungstipps auf und die Anekdoten sind unterhaltsam und veranschaulichen die Aussagen des Autors.
Ich fand nicht jeden Tipp hilfreich und konnte auch mit manchen Denkanstößen nichts anfangen. Beispielsweise soll man sich für die Erarbeitung des eigenen Leitbildes seine Beerdigung vorstellen und dabei überlegen wie man den dort anwesenden Menschen in Erinnerung bleiben möchte. Für mich persönlich war das nicht zielführend, aber ich erwarte auch nicht, dass ein solches Buch zu 100 Prozent meinen Bedürfnissen entspricht. Es ist für eine große Masse an Menschen gedacht und kann das daher auch nicht leisten (dazu später mehr).
Bei den Anekdoten kam mir oft der Ausdruck „magisches Denken“ in den Sinn. Natürlich versucht ein Autor seine Thesen mit positiven Beispielen zu veranschaulichen und zu bekräftigen. Leider kann man den Geschichten selten entnehmen wie lange die Zeiträume für Veränderungen oder wie nachhaltig manche geschäftliche Beziehungen waren. Ich erhielt oft den Eindruck, dass es nur ein Umdenken braucht und sofort funktionieren die Beziehungen und die Probleme verschwinden.
In der Realität ist alles komplexer. Selbst wenn mein Gegenüber ein Prinzipien geleitetes Leben lebt oder anstrebt, ist das kein Garant für das Gelingen jedes Vorhabens. Und das ist auch nichts Schlimmes, denn wir lernen aus solchen Situationen und vielleicht war es einfach nicht das richtige Vorhaben. Diese Komplexität kommt mir leider zu kurz, gleichzeitig stelle ich mir die Frage, ob solch ein Buch das überhaupt kann beziehungsweise können muss.
Das Buch ist verständlich und flüssig geschrieben. Ein wenig befremdlich empfand ich zunächst den betriebswirtschaftlichen Jargon. Etwa wenn im Zusammenhang von menschlichen Beziehungen die Rede von Produktion und Produktionskapazitäten ist. Wenn man jedoch bedenkt, welchen wissenschaftlichen Hintergrund Covey hat, wird es verständlicher. Hier sollen bestimmte Konzepte verdeutlicht werden, wobei ich nicht den Eindruck hatte, dass Menschen dadurch objektiviert werden.
Die Sache mit den Selbsthilfebüchern
Selbsthilfebücher gibt es wie Sand am Meer. Allein in den USA werden jährlich >15.000 Bücher dieses Genres veröffentlicht. Die Selbsthilfeindustrie ist ein stetig wachsender Markt. Menschen wenden sich an diese Bücher, um Teilbereiche ihres Lebens zu verbessern oder gleich das gesamte Leben umzustülpen. Was macht dieses Genre so beliebt und wo liegen die Grenzen?
Selbsthilfebücher haben einige Vorteile:
- Die Kosten sind überschaubar: Sie sind schnell im Internet bestellt, ihr Preis liegt meist in einem zweistelligen Bereich. Damit sind sie niedrigschwelliger als beispielsweise eine Psychotherapie. Für letztere benötigt man eine Diagnose und einen geeigneten Therapeuten. Die Wartezeiten sind sehr lang und die Suche nach einem professionellen Gesprächspartner kann sich in die Länge ziehen. Bei Coachings ist es ähnlich. Hier kommt noch hinzu, dass die Kosten für einen Coach nicht von der Krankenkasse übernommen werden.
- Der Zugang ist leichter: Wie bei den Kosten bereits erwähnt, ist es oft einfacher, sich ein Buch zu bestellten, als sich auf die Suche nach professioneller Hilfe zu begeben. Hinzu kommt, dass Therapien noch immer bei vielen stigmatisiert sind. Ein Buch zu persönlichem Wachstum ist eher nicht negativ belegt.
- Die Privatsphäre bleibt gewahrt: Abgesehen von den Daten, die man bei einer Bestellung hinterlässt, verspricht ein Selbsthilfebuch mehr Privatsphäre als der Gang zum Arzt. Ich muss andere Personen nicht für die Lektüre involvieren und kann an Problemen arbeiten, über die ich nicht mit anderen reden möchte.
- Begeisterung: Selbsthilfebücher können von Menschen geschrieben oder empfohlen werden, zu denen wir aufschauen, weil sie ein vermeintliches Geheimnis gelüftet haben und uns nun zeigen wie auch wir „es“ schaffen können. Viele dieser Bücher landen auf Bestsellerlisten, werden für Buchclubs ausgewählt oder auf Social Media gelobt. Es entsteht eine öffentliche Dynamik oder auch Hype, die das Buch zu einem begehrten Gut machen, das man unbedingt haben und lesen muss.
Bei all diesen Vorteilen sollten wir uns dennoch bewusst sein, dass Selbsthilfebücher Grenzen haben und ihre Lektüre nur begrenzt zu nachhaltiger Weiterentwicklung führt.
- Selbsthilfebücher sind Massenprodukte: Das soll keine Wertung sein, vielmehr ist es Büchern eigen, möglichst viele Menschen anzusprechen. Und da nimmt sich dieses Genre nicht aus. Die Intention der Autoren besteht darin, möglichst vielen Menschen ihre Erkenntnisse und Umsetzungstipps zugänglich zu machen. Aber darin liegt auch eine Beschränkung. Auf individuelle Bedürfnisse kann ein solches Buch gar nicht eingehen. Nicht jeder Leser fühlt sich von jeder Geschichte angesprochen oder kann etwas mit den Ratschlägen anfangen.
- Selbsthilfebücher müssen interpretiert werden: Auch wenn die Autoren um eine klare, leichte und bildliche Sprache bemüht sind, müssen wir als Leser die Aussagen und Zusammenhänge für uns selbst entschlüsseln und in den Kontext unseres Lebens stellen. Zugleich wenden wir bei dieser Interpretation soziale und kulturelle Filter an. Was die Autorin meint und was bei mir ankommt, können zwei unterschiedliche Dinge sein.
- Selbsthilfebücher können frustrieren: Vor allem dann, wenn ich ein Buch gewählt habe, das schlecht recherchiert ist, nichts mit meiner Lebenswirklichkeit zu tun hat oder widersprüchliche Aussagen enthält. Auch zu positive Bücher können diesen Effekt haben. Anekdoten veranschaulichen die Thesen des Buches, können aber durch zu optimistische Darstellungen den Eindruck erwecken, Veränderungen seien einfach und sofort nachhaltig möglich.Wenn ich es nicht schaffe, diese Veränderungen ebenfalls schnell und ohne große Anstrengungen in meinem Leben umzusetzen, kann es passieren, dass ich den Fehler bei mir selbst suche und mir die Schuld dafür gebe. Dabei kann es sein, dass es einfach nicht das richtige Buch für mich ist, dass es einfach kein gutes Buch ist oder dass ich mit externer Hilfe effektiver an meinen Problemen arbeiten kann.
- Selbsthilfebücher müssen auch angewandt werden: Wenn ich nun ein Buch gefunden habe, das gut zu mir passt, fachlich fundiert ist und wertvolle Denkanstöße bietet, ist dies kein Garant für eine nachhaltige Veränderung. Die Lektüre des Buches – inklusive einiger Aha-Momente – reicht nicht dafür aus. Ich muss die Ideen, Methoden und Tipps auch aktiv in meinem Leben umsetzen und in den Alltag integrieren. Das erfordert konstante Anstrengungen und Arbeit an mir selbst. Nach dem Lesen beginnt die eigentliche Arbeit.
- Selbsthilfebücher blenden systemische Zwänge aus: Man sollte nicht unterschätzen, welchen Einfluss soziale, politische und kulturelle Rahmenbedingungen auf die Möglichkeit zu dauerhafter Veränderung haben können. Ich kann die Prinzipien und Gewohnheiten noch so sehr verinnerlicht haben und täglich umsetzen. Aber da wo ich auf Diskriminierung, ein starres soziales System oder politische Ungerechtigkeiten stoße, bleiben meinem persönlichen und beruflichen Erfolgen Grenzen gesetzt.
Diese Punkte sind vielen nicht bewusst. Und sie führen dazu, dass Selbsthilfebücher nicht die Wirkung entfalten, die sie beabsichtigt haben. Bei der Suche nach einem guten Selbsthilfebuch sollte man das Angebot nicht nur auf Sachlichkeit, Fachwissen und umsetzbare Methoden achten, sondern sich auch bewusst machen, welche Erwartungen man an ein solche Buch hat und ob und wie es diese tatsächlich erfüllen könnte.
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Resümee
„ Die 7 Wege zur Effektivität*“ ist meiner Meinung nach eines der besseren Selbsthilfebücher. In diesem Buch verarbeitet Covey Jahrzehnte an Forschung und Lebenserfahrung und es setzt da an, wo Veränderungen die größte Wirkung entfalten: an unserem Charakter.
Aufbauend auf dieser Grundlage entwirft der Autor einen kohärenten Handlungsrahmen, der ein Prinzipien geleitetes Leben mit den 7 beschriebenen Gewohnheiten verbindet. Und diese Verbindung macht das Buch zu einem guten Wegbegleiter.
Sollte ich vor der Frage stehen, ob ich mich auf dem richtigen Pfad befinde, berufe ich mich auf meine Prinzipien beziehungsweise mein daraus abgeleitetes Leitbild. Und wenn ich mich frage, wie ich meine Prinzipien in bestimmten Situationen umsetzen kann, verlasse ich mich auf die gelernten Gewohnheiten.
Ganz ohne Einschränkungen würde ich dieses Buch jedoch nicht weiter empfehlen. Nicht jede Geschichte oder Ratschlag ist für jede Person oder Situation geeignet. Man sollte sich auf die Aussagen konzentrieren, die einem weiterhelfen und die anderen Aussagen auf ihre Essenz herunterbrechen, auf die eigene Situation anpassen oder beiseite lassen.
Zudem erschien mir vieles allzu optimistisch und verkürzt, dass es zu Frustration führen kann, wenn die eigene Umsetzung keine derart klaren Erfolge bringt. Auf gesellschaftliche Rahmenbedingungen wurde wenig bis gar nicht eingegangen.
Zu guter Letzt steht und fällt der Einfluss des Buches mit der aktiven Umsetzung und Integration in das eigene Leben und der konstanten Arbeit an den Prinzipien und Gewohnheiten. So werden sich nachhaltige Veränderungen langfristig einstellen können.
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