Das Märchen vom passiven Einkommen

Entspannt am Strand Cocktails schlürfen. In der Sonne bräunen lassen, bis die Farbe der Haut den eigenen europäischen Ursprung nur noch erahnen lässt. Oder einfach genug finanziellen Spielraum haben, um dem Chef einen der mittleren Finger entgegenstrecken zu können, wenn er sich daneben benimmt.

Die Ursachen, die den Wunsch nach passivem Einkommen bedingen, können vielfältig sein. Genauso vielfältig ist die Auswahl an Blogs, die dich auf dem Weg zum passiven Einkommen begleiten und anleiten wollen. Dabei ist passives Einkommen ein Märchen. Eine tolle Gutenachtgeschichte, so wie sie Joanne K. Rowling in meiner Kindheit und später Patrick Rothfuss für mich erzählt haben.

Passives Einkommen ist ebenso ein Märchen wie das Mooshaus auf dem Bild

Passives Einkommen generierst du über zwei Wege. Entweder du investierst dein Geld am Kapitalmarkt oder du entwickelst eigene Produkte und Dienstleistungen. Beides bedeutet einen erheblichen Aufwand. Schließlich musst du auch Geld, welches du investieren möchtest, zunächst erarbeiten.

Schauen wir uns an, wie unglaublich hart der Weg zu deiner finanziellen Unabhängigkeit durch passives Einkommen ist. Helfen soll uns dabei ein kleines Zahlenspiel.

 

Die Ausgangssituation – Auf dem Weg zur finanziellen Unabhängigkeit durch passives Einkommen

Nehmen wir an, du möchtest mit deinem Partner in 20 Jahren die finanzielle Unabhängigkeit erreichen. Existenzgrundlage soll dann dein passives Einkommen sein. Ihr seid 25 und habt zwei kleine Kinder. Zum Leben benötigt ihr 3000 Euro im Monat. Die braucht ihr auch in 20 Jahren noch. Dann studieren eure Kinder und benötigen finanzielle Unterstützung. Auch wenn die Kinder aus dem Haus sind, verändert sich euer Kapitalbedarf nicht. Dann wollt ihr die Welt bereisen.

 

Weg 1 – Du investierst am Kapitalmarkt

Schauen wir, wie viel du und dein Partner Monat für Monat investieren müsst, um von Zinsen und Dividenden leben zu können. Dafür müssen wir eine Zielsumme definieren.

Zunächst nehmen wir eine durchschnittliche Inflation von 2 Prozent pro Jahr an. Das bedeutet, euch müssen in 20 Jahren etwa 4458 Euro jeden Monat zur Verfügung stehen, um eure Kaufkraft aufrechtzuerhalten. Netto wohlgemerkt. Zusätzlich kommen als Privatiers jeden Monat 250 Euro Krankenkassen-Beitrag pro Nase auf euch zu, sodass ihr ca. 5000 Euro pro Monat benötigt. Das sind 60.000 Euro pro Jahr.

Wer von Zinsen und Dividenden lebt, musst sein Geld defensiver anlegen. Für die Zeit eurer finanziellen Freiheit gehen wir daher von einer durchschnittlichen Rendite von 4 Prozent aus.

Jedes Jahr in finanzieller Unabhängigkeit steigt eure Entnahmerate um 2 Prozent, da ihr die Inflation ausgleichen müsst.

Nun gibt es zwei Varianten:

 

1. Geldentnahme ohne Kapitalverzehr

Für eine ewige Rente benötigt ihr unter unseren Beispiel-Bedingungen ein Kapital von 6.057.450 Euro. Die Abgeltungssteuer und den Steuerfreibetrag habt ihr berücksichtigt.

 

2. Geldentnahme mit Kapitalverzehr

Zum Start deiner finanziellen Unabhängigkeit sind du und dein Partner 45 Jahre alt. Ihr beschließt bis 90 zu leben. Euer Vermögen darf also nach 45 Jahren aufgebraucht sein.

Nun benötigt ihr „nur“ noch 2.156.850 Euro. Eventuelle Risiken deckt ihr mit euren Ansprüchen an der gesetzlichen Rente, die mit 67 einsetzt.

Jetzt können wir auf die Investitions-Raten schließen.

 

Festlegung der Investitions-Rate

20 Jahre sind für den Vermögensaufbau keine lange Zeit. Für unser Beispiel geht ihr trotzdem volles Risiko bis zum Schluss. Dabei habt ihr Glück und fahrt jährlich 8 Prozent Rendite ein.

Für die 6.057.450 Euro müsstet ihr 9143 Euro jeden Monat investieren. Dabei habt ihr schon eine jährliche Ratensteigerung über 2 Prozent berücksichtig.

Auch bei Option 2 haut es euch aus den Socken. Die 3256 Euro pro Monat für die Variante Kapitalverzehr sind immer noch eine echte Hausnummer. Viel zu viel.

Der Weg zur finanziellen Freiheit ist für euch über die Kapitalanlage nicht zu erreichen. Zumindest nicht in absehbarer Zeit.

 

Weg 2 – Du bietest Dienstleistungen und Produkte an

Ihr gebt nicht so leicht auf. Ihr wollt die finanzielle Freiheit unbedingt. Und ihr wollt sie bald. Auf der Suche nach Möglichkeiten passives Einkommen zu generieren, stoßt ihr auf den Artikel von Jan vom Blog Smart Reich Werden. Darin hat er 33 Ideen für passives Einkommen zusammengetragen.

Punkt für Punkt arbeitet ihr seine Liste ab. Was verspricht langfristiges Einkommen ohne viel Aufwand? Entsetzt stellt ihr fest:

Nichts.

Kein Punkt ist ohne viel Aufwand realisierbar. Überall müsst ihr viel Liebe und Zeit investieren. Selbst dann ist der Erfolg nicht garantiert. Die Arbeit für einen Blog kann umsonst sein, wenn er den Menschen nicht gefällt. Auch ein Buch kann ohne viel Tamtam zum Ladenhüter werden. Eine Erfolgs-Garantie gibt es nicht. Alles, was es gibt, ist eine Arbeits-Garantie.

 

Schlussfolgerung

Der Weg zur sogenannten finanziellen Unabhängigkeit ist unheimlich schwer. Ohne einen immensen Arbeitsaufwand geht nichts. Das Geld, das du in dein Portfolio steckst, muss ja irgendwo herkommen. Zudem brauchst du einen weit gefassten Zeithorizont. Wie das kleine Rechenbeispiel gezeigt hat, reichen 20 Jahre nicht.

 

Und wie geht es mit unserer kleinen Familie aus?

Sie entscheidet sich für einen Kompromiss. Unsere Frau startet einen Blog und schreibt Bücher. Ihr Mann entwickelt sich im Beruf weiter und erhöht sein Einkommen. Das überschüssige Geld legen die Beiden an. Ihren Zielhorizont für die finanzielle Unabhängigkeit haben sie auf 30 Jahre erhöht. So haben sie mehr Zeit, sich ein Vermögen zu erarbeiten und den Zinses-Zins für sich arbeiten zu lassen.

Den Traum vom passiven Einkommen haben sie dorthin verfrachtet, wo er in hin gehört …

In das Reich der Märchen.

Wie kann ein Einkommen passiv sein, wenn du aktiv dafür arbeiten musst?

Dein Finanzkoch
Christoph Geiler

Bildquelle: © susanafh – fotolia

Der Beitrag ist Teil der Blogparade Die besten Quellen für passives Einkommen. Jan vom Blog Smart Reich Werden hat zu ihr aufgerufen. Schau vorbei und lerne andere Perspektiven kennen.

Portrait vom Autor dieses Artikels
Über Christoph Geiler

Als Finanzberater bin ich auf die Themen Finanzplanung, Geldanlage und Altersvorsorge spezialisiert. Als Finanzkoch bin ich konzeptionell tätig und erstelle Inhalte. In meiner Freizeit schwinge ich den Kochlöffel, treibe Sport und spiele mit meinem Sohn.