Inhaltsverzeichnis
Hallo Thomas, vielleicht stellst du dich kurz vor:
Ich arbeite als integraler Finanzplaner in Leipzig. Seit 01.04.2001 bin ich in der Finanz- und Versicherungsbranche selbstständig tätig. Anfangs noch als Mehrfachagent für verschiedene Gesellschaften. Die genaue Bezeichnung war:
Handelsvertreter für Versicherungen, Bausparen und Finanzanlagen.
Dem voraus ging eine Ausbildung bei der Nürnberger Versicherung zum Versicherungskaufmann – also eine offiziell anerkannte Ausbildung.
Mit einer staatlich anerkannten Ausbildung für deinen Beruf warst du ja damals fast schon ein Exot … was hat sich in den letzten 15 Jahren in der Branche verändert?
Der stumpfe Verkauf von Versicherungsprodukten hat aus meiner Sicht seinen Höhepunkt erreicht. Heute wollen die Menschen mehr Informationen haben als früher. Es wird mehr Wert auf Beratung gelegt. Der Kunde beziehungsweise Mandant von heute beschäftigt sich mehr mit dem Thema Finanzen. Der wesentliche Grund für mich ist das Internet. Informationen sind heute jederzeit zugänglich. Dadurch haben die Menschen aber auch mehr Fragezeichen und die Verunsicherung ist größer als früher. Damals hat man einfach gekauft – heute sind die Kunden skeptischer – sie wissen nicht mehr, wem sie vertrauen sollen. Die Informationen, die man erhält, sind eben oft auch widersprüchlich.
Würdest du sagen, die Menschen haben heute eine bessere finanzielle Bildung?
In der Masse ja. Das Problem liegt aktuell woanders. Die Fülle an Informationen führt zu Verunsicherung. Dadurch werden wichtige finanzielle Entscheidungen überhaupt nicht getroffen.
Vor zwei Jahren hast du damit begonnen, von Provisionsberatung auf Honorarberatung umzustellen. Warum?
Ich möchte den Menschen helfen, Vertrauen aufzubauen. Die Grundlage dafür ist eine transparente und ehrliche Beratung. Für mich gilt, dass im Kopf der Menschen eine Trennung von Beratung und Produkt erfolgen muss.
Wie war das früher?
Früher war alles viel intransparenter. Da hat man dem Kunden einen Antrag über zwei Seiten vorgelegt und er hat einfach unterschrieben. Fragen nach Kosten und Bedingungen spielten eine sehr untergeordnete Rolle.
Manchmal bin ich auch direkt im senfgelben Sakko und mit großem schwarzen Koffer zum Kunden marschiert. Bei 45 Grad bin ich in den Neubaublock, habe den Drucker und Laptop aus dem Koffer gepackt und habe gesagt:
Sie brauchen eine Versicherung. Ich druck sie Ihnen gleich aus.
Sind die Menschen bereit, für Beratung zu bezahlen?
Der Mensch bezahlt immer Geld. Heute wissen viele immer noch nicht, für was und wie viel sie bezahlen. Das haben einige in der Branche ausgenutzt und viel Geld mit wenig Aufwand verdient. Es ist aber ein Prozess im Gange. Meine Mandanten haben bereits verstanden, dass nicht nur Produkte, sondern auch Dienstleistung Geld kostet.
Der Hauptgrund für Honorarberatung ist:
Sie ist viel transparenter. Jeder weiß, für was er bezahlt und hat langfristig mehr Geld in der Tasche.
Wenn es gelingt, das zu vermitteln, ist der Mandant/Kunde/Interessent auch bereit, ein Honorar zu zahlen.
Gibt es nicht auch bei der Honorarberatung Interessenskonflikte? Was ist, wenn es Produkte nur als Provisionsvariante am Markt gibt?
Interessenskonflikte entstehen dann, wenn der Berater nicht die Interessen seines Auftraggebers vertritt. Dies kann auch bei einer Honorarberatung passieren. Eine klare Trennung von Produkten und Beratung sehe ich als wichtigen Schritt, um diese Konflikte zu vermeiden.
Wenn nach der Beratung der Kunde ein Produkt wünscht, dann ist das Thema enthaltene Provision nur ein wichtiger Fakt. Beim Kauf eines Autos fragt doch auch keiner nach den Provisionen des Verkäufers oder sehe
ich dies falsch?
Für mich gilt:
Wenn es um konkrete Produkte geht, muss man sehr transparent sein.
Ich versuche, komplett auf Provision zu verzichten. Aktuell geben das die Produktanbieter aber nicht immer her. Am Ende entscheidet immer der Mandant und er weiß, was es kostet.
Bisher bist Du auf die Veränderungen für den Kunden eingegangen. Was hat die Honorarberatung für dich bewirkt?
Ich habe viel Spaß bei der Arbeit und liebe meinen Beruf. Für mich ist es zur Berufung geworden, Menschen Wissen zu vermitteln. Ich persönlich habe das Gefühl einer anderen Wertigkeit der Beratung, wenn der Kunde mich direkt vergütet. Es ist eine andere Form der Wertschätzung.
Die Politik möchte Honorarberatung fördern. Was würdest du dir wünschen?
Ist den Menschen geholfen, wenn es nur noch Honorarberatung gibt? Die Frage sollten sich alle Beteiligten beantworten.
Wichtig ist immer der Endkunde und sein Wissensstand. Er muss für sich die Entscheidungen treffen können. Die erste wichtige Entscheidung ist:
Möchte ich ein Produkt, oder möchte ich zunächst eine Beratung? Auch Provisionsberater können das. Entscheidend ist:
Zwischen Berater und Beratenden muss eine Zusammenarbeit erfolgen, sonst ist keine Hilfe möglich. Hier ist der Berater in der Pflicht. Er muss fragen, fragen und fragen – sonst steht am Ende eine falsche Entscheidung.
Ob die Politik das beeinflussen kann? Eher nicht. Bisher hat sie vor allem zur Verunsicherung beigetragen. Beim Kunden und beim Berater. Kein Wunder, dass es wenige Auszubildende gibt. Im Bereich der unabhängigen Berater sehe ich hier sehr schwarz. Viele Menschen werden sich in Zukunft zwangsläufig selbst beraten und dann vielleicht falsche Entscheidungen treffen. Es wird weniger Berater geben, die ihnen helfen, die richtigen Fragen zu stellen. Solche Fragen wären beispielsweise:
- Wie wirkt es sich aus, wenn ich 5.000 Euro in einen Urlaub statt in meine Altersvorsorge investiere?
- Wie wirkt es sich aus, wenn ich kein Geld in meine Weiterbildung investiere?
Gibt es eine Frage, die ich unbedingt stellen soll?
Wie siehst du den Markt der Berater?
Ok. Wie siehst du den Markt der Berater?
Es wird auch in Zukunft eine hohe Zahl an Versicherungsvertretern geben, die nur eine Gesellschaft vertreten. Bisher brauchen Versicherungsvertreter in der Theorie noch nicht einmal eine Qualifikation. Ob das gut oder schlecht ist, müssen andere entscheiden.
Die Zahl der unabhängigen Berater und Vermittler wird schrumpfen. Vielen fehlt aktuell das Gen zum Unternehmer. Zudem ist der Markt stark überaltert. Gerade für Menschen mit weniger Geld wird es kaum noch Ansprechpartner geben. Diese müssen dann zur Bank oder zu einem großen Finanzdienstleister. Das ein Vermittler dort 1000 Kunden und mehr hat, wird keine Seltenheit sein.
Die Eigenberatung im Internet wird zunehmen, was Risiken birgt. Ein Beratungsprogramm kann immer nur so gut sein, wie der Mensch, der davor sitzt.
Was ist dein Fazit aus unserem Gespräch?
Ich hoffe, dass die Leser der Finanzküche sich folgende Fragen stellen:
- Was wünsche ich mir?
- Welche Entscheidungen möchte ich treffen?
- Was haben meine Entscheidungen für Auswirkungen?
Entscheidend ist bei der Beantwortung am Ende des Tages nicht Provision oder Honorar, sondern die Frage:
Was verstehen die einzelnen Markteilnehmer unter dem Begriff Beratung?
Wenn Menschen nicht bereit sind Geld zu bezahlen, werden sie keinen ordentlichen Berater finden. Ein einfaches Beispiel verdeutlicht, was ich von einem guten Berater erwarte.
Du sagst: Ich möchte Geld anlegen für 5 Prozent und nicht für 2 Prozent.
Der gute Berater fragt: Warum?
Der Andere: Da haben wir genau das Richtige für sie.
Kommen wir zur letzten Frage. Was ist dein Lieblingsgericht und warum?
Klassisch Nudeln in jeglicher Form. Lecker und bringt Energie für den Kopf. Als Vorspeise Kesselgulasch vom besten Ungarn der Stadt und als Nachtisch Crème brûlée.
Was denkst du über Honorarberatung? Hast du Fragen an Thomas?
Dein Finanzkoch
Christoph Geiler
Thomas Krosse ist Honorarberater. Er vermittelt seinen Mandanten Wissen und unterstützt sie dabei, einen eigenen Finanzplan zu entwickeln. Sein Spezialgebiet ist die Absicherung der Arbeitskraft.
Besuche ihn auf: https://www.thomaskrosse.de/
Titelbildquelle: © Cla78 – fotolia