Läuten deine Alarmglocken? Sehr gut. Die Vorstellung, dein Portfolio auf wenige auserlesene Aktien zu reduzieren, mag verlockend sein, ist aber nichts weiter als Sirenengesang. Deine Aufgabe dabei? Ihm nicht zu erliegen. Ansonsten wird dein Depot fragil.
Unsystematische Risiken wie Managementfehler oder Schwächephasen in einzelnen Branchen, können dir dann übel zusetzen. Das fiese an unsystematischen Risiken:
Sie werden nicht vom Markt vergütet.
Mehr Risiko, ohne steigende Renditeerwartung – ein schlechter Deal …
Ich werde also darauf verzichten, dir heiße Aktientipps zu geben. Dazu bin ich nicht in der Lage und das, obwohl ich mich regelmäßig mit den Finanzmärkten auseinandersetze. Die Finanzwissenschaft zeichnet ein klares Bild:
Ständiges Hin und Her ist teuer und bringt keinerlei Mehrwert.
Mit anderen Worten:
Aktiv oder passiv? Die Messe ist gelesen.
Wer etwas anderes behauptet, zeigt Ignoranz gegenüber den Fakten. Eine Vielzahl von Studien belegt die Unfähigkeit von Fondsmanagern und Privatanlegern, eine korrekt gewählte Benchmark zuverlässig zu schlagen.
Der Zufall mag den ein oder anderen erfolgreich erscheinen lassen … dass dies nicht von Dauer ist, zeigt unter anderem der tiefe Fall der Fondslegende Bill Miller. Und solche Beispiele gibt es zu Hauf.
99,9 Prozent aller Anlagetipps sind heiße Luft
Dem weitsichtigen Langfristanleger, der sein Hauptaugenmerk auf die Wahl der Anlageklassen und eine breite Diversifikation legt, ringen Überschriften wie Die zehn besten Aktien für 2017 nur ein mildes Lächeln ab.
Feststellungen von Fachzeitschriften wie Das Börsenjahr 2017 ist geprägt von großer Unsicherheit sind lächerlich trivial. Ebenso könnten wir verkünden, dass auf die Ebbe die Flut folgt. Ja, die Zukunft ist ungewiss und wir dürfen gespannt sein, wann das auch der letzte Finanzjournalist verstanden hat …
Ein weiteres Beispiel für die Hybris vieler Finanzexperten ist die ständige Warnung vor steigenden Zinsen und dem damit verbundenen Verfall von Anleihekursen. Die Krux dabei:
Anleihemärkte sind noch effizienter als Aktienmärkte. Bedeutet, dass die Erwartungen der Finanzexperten längst eingepreist sind. Das Warten auf steigende Zinse ist ein Hauptgrund für das katastrophale Abschneiden der aktiv gemanagten Rentenfonds in den letzten Jahren.
Es gibt bestimmt Ausnahmen?
Du möchtest Dich nicht mit den Renditen begnügen, die dir die Kapitalmärkte bieten? Du bist auf der Suche nach den erlesenen Strategien oder Fondsmanagern, die es dir ermöglichen, nach Kosten den Markt zu schlagen? Dann habe ich eine gute Nachricht:
Vermutlich gibt es Strategien und Fondsmanager, die zuverlässig den Markt schlagen. Das Problem:
Die Theorie sagt, dass solchen Fondsmanagern solange Geld zufließt, bis nach Abzug der Kosten nur noch die Marktrendite übrig bleibt. Die Performance, die ein Fondsmanager mit einem kleinen Fondsvermögen erreicht hat, wird ihm ab einem gewissen Volumen nicht mehr gelingen. Kauft ein milliardenschwerer Fonds „unterbewertete“ Aktien mit geringer Marktkapitalisierung, hat dies kaum Auswirkungen auf das Gesamtvermögen des Fonds. Der Manövrierspielraum eines Fonds sinkt also ab einer gewissen Größe.
Neben Fondsmanagern wird es auch einzelnen Anleger gelingen, zuverlässig Überrenditen zu erzielen. Ihre Motivation, die angewandten Strategien mit uns zu teilen, dürfte allerdings gering sein. Sobald eine Strategie mit Aussicht auf zuverlässige Outperformance bekannt wird, findet sie solange Nachahmer, bis ihr Effekt verschwindet.
Das relativ gute Abschneiden einiger beliebter Strategien wie beispielsweise der Levermann Strategie und verschiedener Investmentfonds ist in 99 Prozent der Fälle mit kreativem Benchmarking zu erklären. Dabei wird für das eigene Portfolio schlicht das falsche Vergleichsportfolio gewählt.
Hinzu kommt, dass es schwierig ist, gute Anlageergebnisse vom Zufall zu unterscheiden. Ein Anleger kann problemlos mehrere Jahre hinweg großartige Ergebnisse erzielen, ohne ein besonderes Talent zu haben. Sicherlich hast du auch schon einmal mehrere Sechsen hintereinander gewürfelt …
Meine Meinung: Glück ist kein verlässlicher Ratgeber.
Auf das Wesentliche konzentrieren
Ignoriere das Störfeuer der „Finanzexperten“ und konzentriere dich auch im Jahr 2017 auf die entscheidenden Dinge:
- Einhaltung einer langfristigen prognosefreien Investmentstrategie
- Regelmäßiges Rebalancing deines Portfolios
- Von Zeit zu Zeit Überprüfung von Risikobereitschaft, Risikokapazität, Risikobedarf
Tägliche Kontrolle von Börsenkursen, Marktvorhersagen, Analystenmeinungen und Börsenkennzahlen ist völlig unnötig und regt nur zu renditeschädlichem Aktionismus an.
Auf ein entspanntes Börsenjahr 2017, in dem vor allem eins im Mittelpunkt stehen sollte:
Das Leben zu genießen.
Dein Finanzkoch
Christoph Geiler [wysija_form id=“8″]
Bildquelle: © tonidalmases – fotolia
7 Kommentare
Lieber Christoph,
weisst du was auch ein schöner Twist gewesen wäre? Wenn du am Ende des Artikels doch noch die „zehn besten Aktien“ gepostet hättest und nach einem Jahr dann ein Resümee gezogen hättest – so als kleiner empirischer Beleg für deine Ansichten. 🙂
Ich wurde sauber in diesen Artikel geclickbaited! Ich war schon halb im Wutbürger-Modus über den nächsten, der seine 10 Aktientipps zum Besten geben möchte. Und bin prompt in die Grube meiner eigenen Vorurteile gestolpert (ich beende diese wild ausufernde Metapher an der Stelle besser). Schöner Artikel, der nochmal gut aufzeigt, dass man sich am besten gegen Tipps von Experten immunisiert. Zumal jemand, der öffentlich Aktien „toutet“, immer eigene Interessen verfolgt. Und diese Interessen sind in der Regel nicht, dass der Leser dieser Tipps möglichst viel Profit macht.
Hallo Chris,
geklickbaited musste ich erst einmal nachschlagen. Da hat der Artikel ja so funktioniert wie er sollte 🙂
Liebe Grüße aus Leipzig
Christoph
Hallo Christoph,
es spricht für dich, dass ich bereits beim Lesen deiner Überschrift wusste, dass es in deinem Beitrag genau eben jene Best-of-Aktientipps nicht geben wird. Aber es spricht auch für mich, dass ich den Artikel nicht gelesen habe, um genau diese Tipps bekommen zu wollen.
Schöne Grüße
Marco
Hallo Marco,
danke für deinen Kommentar – hat mich zum Schmunzeln gebracht 🙂
Herzliche Grüße aus Leipzig
Christoph
Interessante Wendung im Artikel! Ich war schon sehr gespannt auf 10 Aktien, die wieder alle nicht in meine Anlagestrategie passen. 🙂 Ich lese solche Überschriften ebenfalls immer mit einem Lächeln, da ich der felsenfesten Überzeugung bin, dass weniger mehr ist. All diese Versuchungen rechts und links des Wegesrandes zur Überrendite münden doch meistens immer nur in der Enttäuschung. Mehr Zeit verschwendet und dann doch weniger Rendite als wenn man einfach nur seine Strategie weiter durchgezogen hätte! 😉
Hallo Bankenmärchen,
so ist es: Weniger ist mehr …
Dann bleibt auch mehr Zeit für die wichtigen Dinge im Leben 🙂
Liebe Grüße aus Leipzig
Christoph