Gehören Rohstoffe ins Depot?

Möchtest Du Dir ein Portfolio zusammenstellen, stehst Du zwangsläufig vor der Frage: Was soll da überhaupt rein? Aktien? Anleihen? Immobilien? Oder gar Rohstoffe? In diesem Artikel widmen wir uns der Frage nach den Rohstoffen.

Rohstoffe: Das Bild zeigt einen kleinen Stapel Holz

Gehören Rohstoffe ins Depot? Von Rohstoff-Futures, Rollrendite, Spotrendite und Co. …

Rohstoffe: Die Rendite ist von Null kaum zu unterscheiden

Damit du zum Schluss nicht enttäuscht bist, enttäusche ich dich gleich zu Anfang:

Die Frage, ob Rohstoffe einen sinnvollen Depotbaustein darstellen, lässt sich nicht abschließend klären. Selbst wissenschaftliche Studien bieten kein klares Bild. So kommen Claude B. Erb/Campbell R. Harvey*1 zu folgender Einschätzung:

Haben durchschnittliche Commodity Futures aktienähnliche Renditen? Unsere Ergebnisse kommen zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall ist. Die durchschnittlichen Renditen einzelner Commodity Futures-Konrakte waren nicht von Null zu unterscheiden. Könnten Portfolios aus Commodity Futures aktienähnliche Renditen haben? Die Antwort lautet definitiv vielleicht.

Weiter heißt es:

Die Herausforderung liegt für Investoren darin, dass obwohl Spot- und rollierende Renditen in der Zukunft hoch sein können, es wirklich keinerlei Bestätigung in den historischen Aufzeichnungen gibt, welche den Investor dahingehend beruhigen könnten, dass zukünftige Spotrenditen und rollierende Renditen wirklich positiv werden.

Dazu kurz einige Erläuterungen …

Kurz erklärt: Rohstoff-Future, Spotrendite, Rollrendite

Commodity = Rohstoff

Future = Zukunft

Rohstoff-Future = Irgendetwas mit Rohstoffen in der Zukunft. Genauer: Die Bedingungen für ein Rohstoffgeschäft in der Zukunft werden heute schon festgelegt. Rohstoff-Futures haben praktischen Nutzen für die direkt Beteiligten. Der Bauer weiß heute schon, zu welchem Preis er seine Ernte morgen verkaufen kann. Und der Bäcker weiß heute schon, zu welchem Preis er morgen sein Mehl kaufen kann. Das bringt beiden Parteien Planungssicherheit.

Spotrendite = Rendite durch Änderung des Rohstoffpreises. Ich kaufe einen Rohstoff zu 100 und verkaufe ihn zu 110.

Rollrendite: Willst du beispielsweise in Öl investieren, stehst du vor einem Problem … wo sollst du die Fässer lagern? Dafür gibt es eine einfache Lösung: Die bereits besprochenen Futures. Du schließt heute einen Rohstoffdeal ab, Bezahlung und Lieferung erfolgen erst zu einem festgelegten Termin in der Zukunft. Bevor der Abwicklungstermin ansteht, verkaufst du deinen alten Kontrakt und investierst in einen neuen Future. Diesen Übergang von einem Terminkontrakt in den nächsten, nennt man rollen. Dabei entstehen entweder Rollverluste oder Rollgewinne (je nach Entwicklung der Terminpreiskurve).

Warum interessieren wir uns überhaupt für Rohstoff-Futures?

Zum einen, weil sie es uns ermöglichen, Rohstoffe zu handeln, ohne sie lagern zu müssen und zum anderen, weil Investoren sich von Rohstoff-Futures höhere Renditen versprechen als von Direktinvestments. Höhere Erträge sind wünschenswert, weil die langfristigen Renditen von Rohstoffen in ihrer Reinform ernüchternd niedrig waren. Über alle Rohstoffgruppen hinweg lag die reale Preissteigerung in den letzten 150 Jahren zwischen 0 und 0,7 Prozent pro Jahr. Wobei Energierohstoffe etwas besser abgeschnitten haben als Agrarrohstoffe. *2 Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass die höheren Renditen bei Futures wohl nur entstehen, wenn eine Investition in mehrere Futures auf unterschiedliche Rohstoffe erfolgt, da so eine zusätzliche Diversifikationsrendite entstehen kann. Was das genau bedeutet, schauen wir uns später noch an.

Individuelle Anlageberatung anfragen: Wir entwickeln eine Anlage, die dazu geeignet ist, deine Ziele effizient zu erreichen.


Zwischenfazit

  • Direktinvestments in Rohstoffe lohnen sich für Privatanleger aufgrund zu erwartender niedriger Renditen und problematischer Lagerhaltung eher nicht
  • Rohstoff-Futures lösen die Lagerproblematik und versprechen bei einer Streuung über mehrere Futures höhere Renditen
  • Ob ein Rohstoffportfolio aus Futures tatsächlich höhere Renditen erwarten lässt, ist höchst umstritten

Gehören Rohstoffe ins Depot oder nicht?

Um die Frage zu beantworten, habe ich zwei Kriterien aufgestellt, die ein Investment erfüllen muss, um in Betracht zu kommen (in Betracht bedeutet: Weitere Recherchen können sich lohnen):

  1. Die historischen Daten müssen positive Erträge ausweisen
  2. Die Erträge müssen auch für die Zukunft zu erwarten sein

Punkt 1 kann wohl bejaht werden, wobei es bei den Renditemessungen Probleme gibt. Rohstoffindizes sind noch vergleichsweise jung und so „basteln“ sich die Autoren von Studien immer wieder eigene Indizes zusammen. Im ersten Schritt müsste man also bei jeder Studie die Konstruktionskriterien der verwendeten Indizes hinterfragen. Das allein macht es schon schwer, die Aussagekraft der Studien zu bewerten. Nichtsdestotrotz unterstelle ich an dieser Stelle die oft beschworenen aktienähnlichen Renditen von Rohstoffindizes und möchte Punkt 2 (die logische Erklärbarkeit der Renditen) anschauen. Dabei betrachten wir folgende Renditequellen:

  • Zins (resultiert daher, dass zu Beginn eines Futures eine Sicherheitsleistung verlangt wird, welche bis zur Fälligkeit des Futures angelegt wird)
  • Spotrendite
  • Rollrendite
  • Diversifikationsrendite

Zins

Das Zinsniveau für kurzlaufende Staatsanleihen ist aktuell nahe Null (oder darunter). Das bedeutet, aus dieser historischen Quelle ist zumindest in naher Zukunft kein positiver Renditebeitrag zu erwarten.

Spotrendite

Langfristig bewegt sich die reale Wertentwicklung über alle Rohstoffgruppen hinweg nahe Null. Ein positiver Renditebeitrag ist daher nicht zu erwarten.

Rollrenditen

Bei Rollrenditen bekommen wir es mit Begriffen wie Contango und Backwardation zu tun. Der Privatanleger hat die Begriffe >> hier << sehr schön aufgearbeitet. Wichtig für uns an dieser Stelle: Ob Anleger von positiven Rollrenditen ausgehen können, ist höchst umstritten. Ich schließe mich der Einschätzung der bereits weiter oben zitierten Claude B. Erb/Campbell R. Harvey an: „Für ein breit diversifiziertes Commodity Futures-Portfolio sollte ein risikoaverser Investor am besten eine zukünftige rollierende Rendite von Null (oder weniger) annehmen.“

Diversifikationsrendite

Die verschiedenen Rohstoffe hatten in der Vergangenheit eine niedrige Korrelation untereinander. Das bedeutet, ihre Wertentwicklung verlief unabhängig voneinander. Mal ist Getreide im Preis gestiegen und Öl gefallen, ein anderes Mal war es umgekehrt. Allein durch die regelmäßige Anpassung des Portfolios an die ursprüngliche Gewichtung der Rohstoffe entsteht so eine zusätzliche Diversifikationsrendite, da tendenziell „unterbewertete“ Rohstoffe eine höhere Gewichtung bekommen und irgendwann zu ihrem fairen Preis zurückkehren (Regression zur Mitte).

Ke Tang und Wei Xiong sind 2012 zu dem Schluss gekommen, dass die Korrelation zwischen Rohstoff-Futures untereinander stark zugenommen hat. *3 Ein Grund liegt vermutlich darin, dass durch die Schaffung geeigneter Produkte Rohstoff-Investments der breiten Masse zugänglich gemacht worden. Ein kleiner Hinweis für das gestiegene Interesse ist dieser Artikel. Vor 20 Jahren hätte kaum ein Privatanleger über eine Investition in Rohstoffe nachgedacht. Zusätzlich problematisch ist, dass Anleger immer öfter einen breiten Korb an Rohstoffen halten, was die Korrelation weiter nach oben treibt. Durch die höhere Korrelation wird die Diversifikationsrendite in Zukunft vermutlich kleiner ausfallen als in der Vergangenheit. Im gleichen Atemzug ist die Korrelation von Rohstoffen zu anderen Anlageklassen wie Aktien gestiegen, was ein Investment in Rohstoffe zusätzlich unattraktiver erscheinen lässt.

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Resümee: Rohstoff-Investments sinnvoll?

Investments in ein breit gestreutes Portfolio aus Rohstoff-Futures erscheinen im Rückspiegel betrachtet als eine interessante Möglichkeit, sein Gesamtportfolio auf ein robusteres Fundament zu stellen. Dafür sprechen aktienähnliche Renditen und geringe Korrelationen zu anderen Anlageklassen. Allerdings solltest du die Vergangenheitsbetrachtung mit Vorsicht genießen:

  • Indizes auf Rohstoff-Futures haben eine kurze Historie
  • Alleine die Zins- und Diversifikationserträge erscheinen als verlässliche Renditequelle. Beide werden in naher Zukunft ihr früheres Niveau kaum erreichen können
  • Die Korrelation zu anderen Anlageklassen ist gestiegen

Hinzu kommt, dass Rohstoffinvestments schwer zu verstehen sind, was uns zu der Antwort auf die Ausgangsfrage Gehören Rohstoffe ins Depot? bringt:

Definitiv vielleicht. Das in der Zukunft positive Renditen zu erwarten sind, können wir weder mit Sicherheit ausschließen noch bestätigen.

Hast du Rohstoffe im Depot?

Dein Finanzkoch
Christoph Geiler

Quellen

*1 https://faculty.fuqua.duke.edu/~charvey/Research/Chapters/C30_Ertragsquellen_und_zu.pdf
*2 vgl. Kommer (2015) „Souverän investieren mit Indesfonds & ETFs“ S.229
*3 https://www.princeton.edu/~wxiong/papers/commodity.pdf

Portrait vom Autor dieses Artikels
Über Christoph Geiler

Als Finanzberater bin ich auf die Themen Finanzplanung, Geldanlage und Altersvorsorge spezialisiert. Als Finanzkoch bin ich konzeptionell tätig und erstelle Inhalte. In meiner Freizeit schwinge ich den Kochlöffel, treibe Sport und spiele mit meinem Sohn.