Reich werden? Das können wir nur in unseren Köpfen

Szenenwechsel, ein paar Jahrhunderte später

7 Uhr morgens. Aus dem Handy meiner Freundin schallt der Samsung Song „The secret only 4 U“. Genervt öffne ich die Augen. Soll ich aufstehen? Soll ich liegen bleiben? Und kann jemand zum Teufel nochmal dieses Handy abschalten?

Neben mir regt sich nichts. Das Lied verstummt von alleine. Trotzdem entscheide ich mich fürs Aufstehen. Auf dem Weg zum Bad rieselt mir noch der Schlafsand aus den Augen. Macht nichts, unter der Dusche werde ich schon zu mir kommen.

Frisch geduscht, startet es sich wesentlich angenehmer in den Tag. Aus dem Kühlschrank nehme ich mir einen leckeren Joghurt. Zusammen mit einem Glas frisch gepresstem Orangensaft der perfekte Start in den Tag.

Wie sich die Zeiten doch ändern …

 

Reich werden?

In einem der reichsten Länder der Erde, in der fortschrittlichsten Zeit, die die Welt je gesehen hat, schaffen wir es nicht, glücklich zu werden.

Wir wollen immer mehr. Ein gewöhnliches Leben reicht uns nicht. Wir wollen etwas Besonderes sein. Besser als die anderen …

Wir wollen Reichtum.

Unseren „Erfolg“ zeigen wir, indem wir ein größeres Haus, ein schnelleres Auto und die intelligenteren Kinder, als alle anderen haben.

Um unsere Ziele zu erreichen, arbeiten wir hart. Wir stehen früh auf. Wir sind die Ersten, die auf Arbeit erscheinen und die Letzten, die den Arbeitsplatz verlassen. Abends fallen wir erschöpft auf die Couch. Vom Fernsehprogramm bekommen wir kaum noch etwas mit. Ist auch egal, so stumpfsinnig, wie die meisten Sendungen heutzutage sind. Eigentlich eh genau das, was wir brauchen. Anstrengen wollen wir uns jetzt nicht mehr …

… morgen müssen wir wieder früh raus. Die Rate für den nächsten Kredit wartet nicht auf uns.

So geht es Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr. Unsere Gesundheit leidet zunehmend. Genießen können wir unser Leben kaum noch. Zeit für unsere Familie? Sonntags vielleicht, aber da sind wir mit dem auch Kopf woanders.

Sorgen plagen uns. Bei dem Streben nach mehr, haben wir uns im Hamsterrad verfangen und es nicht einmal gemerkt.

Wir arbeiten nur noch, um unsere Schulden abzutragen. Warum wir Sie überhaupt aufgenommen haben, wissen wir nicht mehr … von unserem schönen Haus haben wir schließlich nichts. Wenn wir mal da sind, sind wir zu erschöpft, um es zu genießen.

Doch wenn wir hart genug arbeiten, wird das Glück schon über uns hereinbrechen. Also Augen zu und durch. Haus, Auto und 4 Sterne Luxus Urlaub für die ganze Familie wollen bezahlt werden.

Dann ist es soweit …

Wir sind am Limit, brauchen eine Pause. Unser Arzt schreibt uns krank. An arbeiten ist nicht mehr zu denken. Das Einkommen bricht weg.

Nach zwanzig Jahren Plagerei sollten wir schon ein ansehnliches Vermögen aufgebaut haben und der Verdienstausfall zu verkraften sein. Die Realität sieht anders aus. Das Haus, das Auto, eigentlich alles, was wir dachten zu besitzen, gehört der Bank.

Fassungslos müssen wir zusehen, wie wir aus unserem Haus hinaus komplementiert werden. Unsere Ehe steht vor einem Trümmerhaufen und unsere Kinder, für die wir viel zu wenig Zeit hatten, sind uns fremd geworden.

Es ist gekommen, wie es kommen musste. Der Traum vom Reichtum? Ausgeträumt. Wir haben das „Rat Race“ verloren.

„Rat Race“ umschreibt Wikipedia wie folgt:

Der Begriff Rat Race (zu deutsch „Rattenrennen“) bezeichnet im englischen Sprachraum eine endlose, selbstzerstörende oder sinnlose Zielerstrebung. Er leitet sich vom Bild der Laborratten ab, die erfolglos versuchen, dem Laufrad oder dem Labyrinth zu entkommen.

Du findest diese kleine Geschichte völlig übertrieben? Ich auch. Doch ich bin mir sicher, dass sie sich so schon zigmal abgespielt hat. Eventuell hast du dich ja in der einen oder anderen Zeile wiedergefunden, so wie ich?

Vielleicht hast du zu wenig Zeit für deine Kinder? Oder du stolperst von einer Verbindlichkeit in die nächste? Vielleicht bist du auch einfach nur unzufrieden mit dem, was du gerade hast?

Beantworte dir ehrlich folgende Frage:

Willst du mehr? Und wenn dem so ist, warum willst du mehr?

 

Reich werden? Das können wir nur in unseren Köpfen

Der 14. Dalai Lama bringt den Kerngedanken, welchen ich weiterspinnen möchte, in einer Lebensweisheit zum Ausdruck:

Der Dalai Lama wurde gefragt, was ihn am meisten überrascht; er sagte:

Der Mensch, denn er opfert seine Gesundheit, um Geld zu machen. Dann opfert er sein Geld, um seine Gesundheit wiederzuerlangen. Und dann ist er so ängstlich wegen der Zukunft, dass er die Gegenwart nicht genießt; das Resultat ist, dass er nicht in der Gegenwart oder in der Zukunft lebt; er lebt, als würde er nie sterben, und dann stirbt er und hat nie wirklich gelebt.

Unsere Hauptaufgabe ist es zu Leben. Bei all den Ängsten, Träumen und Wünschen, die wir hegen, dürfen wir das niemals vergessen.

Stell dir noch einmal die Frage:

Willst du mehr? Und wenn dem so ist, warum willst du mehr?

Ich für meinen Teil möchte mehr. Ich möchte Reichtum. Geld spielt dabei eine wichtige Rolle, aber nicht die entscheidende.

Reichtum ist für mich mehr als ein schickes Auto oder ein großes Haus. Reichtum bedeutet für mich, Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Freunde zu treffen. Neue Länder zu bereisen. Ein Buch zu lesen. Früh Joggen zu gehen. Diese Zeilen zu schreiben. Reichtum bedeutet für mich, glücklich zu sein.

Geld kann dabei helfen, all diese Dinge unbeschwert zu genießen. Geld kann aber auch abhängig machen. Entweder in Form von Schulden oder in Form des Geldes an sich. Wenn du jeden Monat fürchten musst, deine Kreditraten nicht tilgen zu können, wirst du kein unbeschwertes Leben führen können. Auch wenn du nach immer mehr und mehr Geld strebst, wirst du selten dein Glück finden.

Geld ist kein Selbstzweck. Geld ist Mittel zum Zweck.

Reich werden? Das können wir nur in unseren Köpfen. Unser Kontoauszug sagt uns nur, wie vermögend wir sind.

Bildquelle: © Sunny studio – fotolia

Dein Finanzkoch
Christoph Geiler

Portrait vom Autor dieses Artikels
Über Christoph Geiler

Als Finanzberater bin ich auf die Themen Finanzplanung, Geldanlage und Altersvorsorge spezialisiert. Als Finanzkoch bin ich konzeptionell tätig und erstelle Inhalte. In meiner Freizeit schwinge ich den Kochlöffel, treibe Sport und spiele mit meinem Sohn.