Warum Rebalancing eine gute Idee ist

Alchemisten versuchen seit Jahrhunderten vergeblich unedle Metalle in Gold zu verwandeln. Unermüdlich sind sie auf der Suche nach dem Stein der Weisen. In ihrer Vorstellung hat er die Macht, aus Blei und Quecksilber, Gold zu schaffen. Dabei sollten sie es besser wissen. Der Chemiker Étienne Geoffroy deckte schon 1722 in einem Bericht die Betrügereien zahlreicher Alchemisten auf. Zudem widerlegte er die Existenz des Steins der Weisen.

Unermesslichen Reichtum durch die Herstellungsformel für den Stein der Weisen kann ich dir also nicht bieten. Dafür zeige ich dir in diesem Beitrag unter anderem, wie du dir durch Rebalancing eine kleine aber feine Zusatz-Rendite sicherst.

Rebalancing wird durch das Stapeln von Steinen symbolisiert

Am Anfang deines Anlegerlebens stehen strategische Entscheidungen an. Eine davon ist die Festlegung der Portfoliostruktur. Sie soll deinem Risiko-Rendite-Profil entsprechen. Hast du das Geld einmal investiert, ist es wichtig, deine Portfoliostruktur langfristig aufrechtzuerhalten. Veränderungen solltest du nur vornehmen, wenn sich deine Risikoneigung ändert oder sich dein Portfolio im Landeanflug befindet (sprich du willst in den nächsten Jahren an das Geld ran).

Was nach einer simplen Aufgabe klingt, erfordert einigen Aufwand. Aus einer 70/30-Mischung Aktien/Anleihen kann schnell eine 80/20 oder eine 50/50 Mischung werden. Langfristig findet in einem Portfolio eine Verschiebung zugunsten der risikoreichen Anlagen statt, da diese (zumindest in der Theorie) mehr Erträge erwirtschaften. Hier heißt es regelmäßig nachsteuern. Ansonsten passt dein Depot irgendwann nicht mehr zu deiner Risikoneigung.

Rebalancing

Das Anpassen deines Depots an seine ursprüngliche Struktur heißt Rebalancing. Gerade bei größeren Depots wird es schwierig, das Rebalancing über die Sparrate oder finanzielle Rücklagen durchzuführen. Es wird daher nötig, dass du gut gelaufene Anteile deines Portfolios verkaufst, um schlecht gelaufene Anteile nachzukaufen.

Was einfach klingt, ist psychologisch eine Herausforderung. Niemand setzt gerne auf „Verlierer“ und stößt seine „Gewinner“ ab. Daher möchte ich dir einen zusätzlichen Anreiz schaffen, regelmäßig Rebalancing durchzuführen.

 

Du erwirtschaftest eine zusätzliche Rendite

Anlagebewertungen neigen dazu, sich ihrem historischen Mittel anzunähern. Das nennt sich Regression zum Mittelwert (regression to the mean) und findet sich auch in der Natur wieder. So neigen die Töchter großer Mütter dazu, kleiner als ihre Mütter zu werden. Die Töchter kleinerer Mütter neigen hingegen dazu, größer als ihre Mütter zu werden (Quelle).

 

Was bedeutet das für dein Protfolio?

Antizyklisches Investieren lohnt sich. Durch Rebalancing schichtest du automatisch von tendenziell überbewerteten Anlagen in eher unterbewertete Anlagen um. Über- und Untertreibungen gleichen sich langfristig aus. Das verschafft dir eine kleine Zusatzrendite von etwa 0,5 Prozent pro Jahr (Quelle).

 

Kosten im Blick

Durch Rebalancing fallen Gebühren an. Transaktionskosten und Steuern können dir schnell einen Strich durch die Rechnung machen. Daher ist es wichtig Kosten und Nutzen sorgfältig abzuwägen.

 

Wie oft sollte ein Rebalancing durchgeführt werden?

Es gibt zwei verschiedene Wege den Zeitpunkt für ein Rebalancing festzulegen. Entweder bestimmst du ein regelmäßiges Zeitintervall oder du definierst feste wertabhängige Grenzen, die deine Portfolio-Bestandteile nicht überschreiten dürfen.

 

Zeitabhängiges Rebalancing

  • Einfach umsetzbar
  • Geringer Beobachtungsaufwand für das eigene Depot
  • Marktbewegungen können die Rendite-Risiko-Struktur des Depots stark verändern

Da für jede Transaktion Gebühren anfallen, ist jährliches Rebalancing ein guter Kompromiss hinsichtlich Kosten-Nutzen-Verhältnis. Regression zur Mitte, welche hier der entscheidende Rendite-Treiber ist, wirkt langfristig. Untersuchungen haben ergeben, dass es für die Rendite keine Rolle spielt, ob ein monatliches oder jährliches Anpassungs-Intervall gewählt wird. Zudem hält sich auf Jahresfrist die Veränderung der Portfoliostruktur meist noch im erträglichen Rahmen.

 

Wertabhängiges Rebalancing

  • Hoher Beobachtungsaufwand
  • Die Risiko-Rendite-Struktur des Portfolios bleibt in einem festgelegten Rahmen

Bei dem wertabhängigen Rebalancing legst du für dich fest, wie weit dein Portfolio von der Ziel-Struktur abweichen darf. Dabei gibt es zwei unterschiedliche Möglichkeiten.

Variante 1 – Du definierst eine absolute Schwankungsbreite
  • Leicht umsetzbar

Beispiel:

Du legst eine absolute Schwankungsbreite von +/- 10 Prozentpunkten fest.

Damit darf sich eine Anlage mit 50 Prozent Depot-Anteil zwischen 60 und 40 Prozent Gewichtung bewegen. Das entspricht einem Wertgewinn oder Wertverlust von 20 Prozent, bevor ein Rebalancing ausgelöst wird. Eine Anlage mit 10 Prozent Gewichtung muss hingegen 100 Prozent an Wert gewinnen oder einen Totalverlust erleiden, um ein Rebalancing auszulösen.

Variante 2 – Du definierst eine relative Schwankungsbreite
  • Trägt den unterschiedlichen Gewichtungen Rechnung

Beispiel:

Du legst eine relative Schwankungsbreite von +/- 10 Prozent fest.

Die 50-prozentige Anlage aus unserem Beispiel darf sich nun zwischen 55 Prozent und 45 Prozent Gewichtung bewegen. Die 10-prozentige Anlage kann zwischen 9 und 11 Prozent Gewichtung ausmachen, bevor ein Rebalancing nötig wird.

Finanzküche Newsletter abonnieren: Enthält das Thema der Woche, aktuelle Beiträge und die Empfehlung des Hauses.


Schlussfolgerung

Die einzelnen Bestandteile deines Portfolios entwickeln sich unterschiedlich. Durch Rebalancing stellst du sicher, dass es langfristig deinem Rendite-Risiko-Profil entspricht. Nebenbei sichert dir der antizyklische Charakter des Rebalancings eine Zusatz-Rendite.

Ich spreche von einer zusätzlichen Rendite, da sie ohne höhere Risiken einhergeht. Einige Experten sprechen von einem „free lunch“.

Wie bei allen Käufen und Verkäufen können durch Rebalancing Transaktionskosten und Steuern fällig werden. Du solltest Rebalancing also sparsam einsetzen und die Vor- und Nachteile genau abwägen. Dabei kann die gezielte Steuerung von Sparraten und laufenden Erträgen die Kosten deutlich minimieren.

In der Praxis dürfte eine Mischung aus zeit- und wertabhängigem Rebalancing die praktischste Methode sein. Dabei schaust du beispielsweise viertel- oder halbjährlich in dein Depot und prüfst, ob vorher definierte Grenzen überschritten wurden. Wenn ja, passt du das Portfolio an die Ausgangsgewichtung an.
Führst du Rebalancing durch? Welche Methode wendest du an?

Dein Finanzkoch
Christoph Geiler

Bildquelle: © styf – fotolia

Portrait vom Autor dieses Artikels
Über Christoph Geiler

Als Finanzberater bin ich auf die Themen Finanzplanung, Geldanlage und Altersvorsorge spezialisiert. Als Finanzkoch bin ich konzeptionell tätig und erstelle Inhalte. In meiner Freizeit schwinge ich den Kochlöffel, treibe Sport und spiele mit meinem Sohn.