Zahnarztrechnungen können richtig weh tun. Hohe 4-stellige Summen sind keine Seltenheit. Im gleichen Atemzug fällt die finanzielle Unterstützung durch die gesetzlichen Krankenkassen mau aus. Wenig verwunderlich also, dass sich Zahnzusatzversicherungen großer Beliebtheit erfreuen – sowohl bei Endverbrauchern als auch bei Vermittlern.
Dabei darf die Sinnhaftigkeit einer Zahnzusatzversicherung durchaus hinterfragt werden …
Inhaltsverzeichnis
Die Zahnzusatzversicherung ist effektiv aber nicht effizient
Kennst Du den Unterschied zwischen effektiv und effizient?
Stell Dir vor, Du möchtest eine Brücke passieren. Leider wird diese durch einen umgestürzten Baum blockiert. Wie es der Zufall will, hast Du eine Axt dabei, um das Hindernis zu beseitigen.
Option 1: Du hackst drauf los. Nach 5 Stunden hast Du die Brücke passierbar gemacht. Das ist effektiv.
Option 2: Du schärfst die Axt und beginnst danach mit der Arbeit. Nach einer Stunde schärfen und einer Stunde hacken, hast Du die Brücke passierbar gemacht. Das ist effektiv und effizient.
Effektiv bist Du, wenn Du ein Problem löst. Effizient bist Du, wenn Du das Problem mit möglichst geringem Aufwand löst.
Das in diesem Artikel betrachtete Problem lautet:
Wie bezahle ich meine Zahnarztrechnungen?
Die Versicherungswirtschaft bietet mit der Zahnzusatzversicherung eine Lösung an. Liegt ein anständiges Bedingungswerk zugrunde, ist sie dazu geeignet, unser Problem zu lösen. Die Zahnzusatzversicherung ist also effektiv. Aber ist sie auch effizient?
Aktuell bin ich 27 Jahre alt. Bis auf ein paar Füllungen befinden sich meine Zähne in einem guten Zustand. Für eine Zahnzusatzversicherung mit stabilen Beiträgen im Alter müsste ich je nach Qualität zwischen 20 und 50 Euro im Monat berappen. Wir entscheiden uns für die goldene Mitte:
35 Euro.
Laut dem Deutschen Institut für Altersvorsorge beträgt meine Restlebenserwartung knapp 62 Jahre. 62 Jahre, in denen ich Zeit habe, meiner Zahnzusatzversicherung Monat für Monat 35 Euro zu überweisen. Das sind 26.040 Euro.
Spare ich mir die Versicherung und investiere den Betrag in einen Sparplan mit 5 Prozent Rendite pro Jahr, erreiche ich eine Ablaufleistung von 169.000 Euro. Mit der Summe könnte ich mir mein Gebiss mehrmals vergolden lassen.
Zugegeben, der Vergleich hinkt. Im Unterschied zum Sparplan steht mir bei der Versicherung das Geld sofort zur Verfügung (sehen wir von etwaigen Wartezeiten ab). Hinzu kommt, dass ich die 169.000 Euro nie erreichen werde, da ich mir vorher schon Geld aus dem Sparplan nehme, um meine Arztrechnungen zu bezahlen. Dieses Geld kann sich nicht weiter verzinsen.
Aber:
Brauche ich das Geld sofort?
Die Wahrscheinlichkeit, dass ich in den nächsten Jahren meine Zähne grundsanieren muss, läuft gegen Null – außer ich habe einen Unfall. Für dieses Szenario ist eine Unfallversicherung allerdings die bessere Wahl …
Betriebswirtschaftlich gesehen, sichern Versicherungen einen in der Zukunft ungewissen Geldbedarf ab. In diesem Fall: Die Höhe der Zahnarztrechnung.
Im Zahnbereich sehe ich den ungewissen Geldbedarf nicht. Wie wir gerade festgestellt haben, sind in jungen Jahren keine höheren Kosten zu erwarten. Wenn wir älter werden, sind hohe Kosten dafür nahezu sicher. Unsere Zähne begleiten uns in der Regel nicht, bis wir 90 sind. Hinzu kommt:
Damit die Zahnzusatzversicherung das Prädikat „sinnvoll“ erhält, müsste ein weiterer Punkt gegeben sein:
Die zukünftigen Zahnarztrechnungen müssen das Potential haben, Dich in Deiner finanziellen Existenz zu gefährden …
Sorgst Du nicht vor, kann das der Fall sein. Dass Du diesen Artikel liest, spricht allerdings dagegen.
Was ist, wenn ich überdurchschnittlich schlechte Zähne habe?
Dann ist Dein Risiko für hohe Zahnarztrechnungen höher und eine Zahnzusatzversicherung auf den ersten Blick lohnender. Das Problem:
Mit Antragsstellung musst Du Gesundheitsfragen beantworten. Wie bei jeder Versicherung gilt der Grundsatz:
Ein brennendes Haus ist nicht versicherbar.
In diesem Fall bleibt Dir nur die Variante Eigenvorsorge.
Resümee
Der beste Schutz vor hohen Zahnarztkosten ist gründliches Zähneputzen. Trotzdem wird sich die eine oder andere Behandlung nicht vermeiden lassen – gerade mit zunehmenden Alter.
Dass hohe Zahnarztrechnungen im Laufe des Lebens wahrscheinlich sind, wissen auch die Versicherer. Die Prämien für Zahnzusatzversicherungen sind entsprechend hoch. Ein Sparplan gepaart mit regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen ist daher die effizientere Lösung.
Sind teure Behandlungen bereits absehbar, versichert dies ohnehin kein Versicherer.
Dein Finanzkoch
Christoph Geiler
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2 Kommentare
Hallo Christoph,
vielen Dank für Deine Einschätzung und Herangehensweise zum Thema Private Zahnzusatzversicherung.
Ich selber habe so eine Versicherung und frage mich natürlich. Weiter oder nicht und dann Sparplan in einen kostengünstigen breit diversifizierten Aktien ETF, um die 5% Netto-Rendite zu erhalten.
Folgende Anmerkungen und Fragen:
– Mein monatlicher Versicherungsbeitrag liegt knapp unter 30 Euro.
– Meine Restlebenserwartung – puhh, wenn es gut läuft vielleicht noch 40-50 Jahre (laut https://wie-alt-werde-ich.de/#start).
– Eine Anfrage meinerseits beim Versicherer, ob eine Umstellung des Beitrags von monatlich auf jährlich eine Ersparnis bringt, wurde leider verneint. Schade.
– Mein Vertrag beinhaltet zusätzlich 2x/Jahr eine PZR (profess. Zahnreinigung), die ich mit einem zweimaligen Zahncheck kombiniere. Wie gesagt, es müsste keine PZR sein, ich habe aber ein gutes Gefühl danach.
– ich kann den Beitrag steuerlich als Werbungskosten ansetzen
Wie siehst Du die Zahlen in diesem Kontext? Der Jahresbeitrag von sagen wir 360 Euro (12x 30,-) wird durch die rückerstatteten 150 Euro (2x 75,- PZR) zwar nicht günstiger. Ich spare mir aber die Kosten der PZR und zahle so effektiv 210 Euro (ohne Berücksichtigung der Steuer). Wenn dann doch mal was kommt (Rechnung über 1.500-2.500 Euro), müsste ich korrekterweise das Geld vom Sparplan nehmen. Je nach SoRR (Entnahme-Reihenfolge-Risiko) zu einem ungünstigen Zeitpunkt, würde das die Rendite des Sparplans empfindlich schmälern.
Am Ende wie immer natürlich eine Life-Style-Entscheidung und Frage des Geldbeutels.
Ich würde mich sehr über eine Rückmeldung freuen, die mir bei meiner Entscheidung ZZV weiter ja/nein hilft.
Herzliche Grüsse – Pete
Hallo Pete,
danke für Deinen Kommentar.
Die erste Frage ist, wie lange die Versicherung schon läuft. Hier gilt:
–> Je länger die Versicherung bereits läuft, desto unattraktiver ist eine Kündigung. Der Grund: Wenn die Prämie linear kalkuliert ist, zahlst Du in den ersten Jahren eine im Vergleich zum Risiko hohe Prämie. Wenn Du älter wirst, zahlst Du dann eine im Vergleich zum Risiko niedrige Prämie. Kündigst Du nach z.B. 15 Jahren hast Du nur den „negativen Effekt“ einer linearen Kalkulation der Anfangszeit mitgenommen
Die zweite Frage ist, ob sich der Zahnzustand verschlechtert hat, seitdem Du die Versicherung abgeschlossen hast. Wenn ja: Tendenziell dabei bleiben
Die dritte Frage ist: Was sichert der Vertrag in welcher Höhe für die Prämie ab und was muss im Versicherungsfall zugezahlt werden? Wenn die Bedingungen löchrig sind: Eher kündigen; Wenn die Bedingungen gut sind, dann für den Nettoaufwand, den Du geschildert hast: Eher behalten
Ich hoffe, dass hilft Dir bei Deiner Entscheidung.
Liebe Grüße aus Leipzig
Christoph