Renditejagd: Wie wir aus unserem Geld dummes Geld machen

Aus den Augen aus dem Sinn. Am nächsten Morgen hat dich der Alltag wieder. Ein Jahr dauert es, bis du wieder auf die Insel aufmerksam wirst. Ein Freund war zufällig dort und berichtet überschwänglich von seinem Urlaub. Dein Entschluss reift. Da musst du auch mal hin …

Aus den Augen aus dem Sinn. Am nächsten Morgen hat dich der Alltag wieder. Zwei Jahre später schaltest du den Fernseher ein. Wie der Zufall will, läuft gerade die Werbung eines Reiseanbieters … mit den Bildern deiner Trauminsel. Das Angebot ist verlockend. Kurz entschlossen schlägst du zu und verplanst deinen Jahresurlaub. Du kannst es kaum erwarten.

Dann ist es endlich soweit. Du steigst aus dem Flieger und checkst im Hotel ein. Kaum angekommen, schnappst du dir das Nötigste und machst dich zu den einsamen Stränden auf. Die Ernüchterung folgt auf dem Fuße. Einsame Strände? Unberührte Natur? Fehlanzeige. Wo du auch hinkommst, zahllose andere Touristen sind vor dir da. Den idyllischen Urlaub, den du dir ausgemalt hast, bekommst du nicht. Der Geheimtipp aus dem kleinen Reiseblog von damals ist keiner mehr. Du kommst 4 Jahre zu spät. Nächstes Jahr kommst du bestimmt nicht wieder …

 

Prozyklisches Investieren

Zu ähnlichem Verhalten neigen wir bei unseren Investmententscheidungen. Wir sind notorische „Zu-spät-Kommer“. Finanzprodukte kaufen wir erst, wenn sie jahrelang gut gelaufen sind. Auf die Idee einen Fonds oder ETF zu kaufen, der jahrelang schlecht gelaufen ist, kommen die Wenigsten. Wir wollen schließlich Qualitätsprodukte, die sich bewährt haben.

Die Medien greifen unsere Vorliebe für vermeintliche Gewinner genüsslich auf. Jedes Jahr küren sie die besten Fondsmanager und die besten ETFs.

Dann schlagen wir zu – in der Hoffnung, dass der Fonds die 40 Prozent Rendite aus dem vergangenen Jahr erneut erreicht. Selbstredend bleibt es meist bei der Hoffnung. Enttäuscht wechseln wir daraufhin zum nächsten „Siegerfonds“. Und so weiter und so fort …

Experten sprechen vom dummen Geld, weil es ständig vergangenen Renditen hinterherjagt.

Die Renditejagd (Performance Chasing) führt dazu, dass Privatanleger (wir) die in Fondsprospekten ausgewiesenen Renditen nicht annähernd erreichen. Es besteht eine deutliche Renditelücke.*1 Die Gewinner sind die Finanzbranche und die Medien. Die Finanzbranche kassiert Gebühren für das „Produkthopping“ und die Medien profitieren von hohen Leserzahlen.

 

Was für einzelne Produkte gilt, gilt auch für ganze Märkte

Prominentes Beispiel ist die zur Jahrtausendwende geplatzte Dotcom-Blase. Viele Anleger sind kurz vorher in den Markt eingestiegen, weil sie auf die exorbitanten Renditen aufmerksam geworden sind. Als die Blase platzte, waren Verluste von 50 Prozent und mehr eher die Regel als die Ausnahme. Viele Anleger haben dem Aktienmarkt daraufhin den Rücken gekehrt und sind – wenn überhaupt – erst in den letzten Jahren wieder eingestiegen. Die Aktienmarktrenditen der letzten 16 Jahre sind damit für viele Anleger vor allem eins:

Graue Theorie.

Zeit, ehrlich zu sein. Würdest du dich mit den Aktienmärkten beschäftigen, wenn die letzten 7 Jahre anders verlaufen wären? Wenn der Dax jetzt bei 4.000 statt 9.500 Punkten liegen würde? Und die noch spannendere Frage:

Was würdest du machen, wenn die Aktienmärkte in den nächsten Monaten um 50 Prozent und mehr einbrechen?

 

Die Lösung ist einfach aber nicht leicht

Performance Chasing lässt sich einfach vorbeugen: Durch konsequentes Buy-and-Hold.

Viel wichtiger als die Auswahl des richtigen Produkts ist es, beim Vermögensaufbau konsequent zu sein. Nicht umsonst sind Immobilienbesitzer so erfolgreich dabei, Vermögen aufzubauen (siehe: Kaufen oder mieten? Wohneigentum als Wohlstandsrakete). Sie halten ihr Investment teilweise über Generationen.

Kurzfristig machen Märkte, was sie wollen. Erfolgreiche Investmentstrategien funktionieren langfristig.

Leicht ist Buy-and-Hold nicht. Heißt es doch auch bei rauer See Kurs zu halten. Bricht dein Depot ein, machst du vor allem eins:

Du bleibst investiert.

Du musst alle Medien ausblenden, die ständig von katastrophalen Risiken oder alternativ von neuen Chancen schreiben. Am besten liest du den Börsenteil von Tageszeitungen gar nicht. Der Großteil der Inhalte ist grober Unfug.

 

Du wirst nicht über Nacht reich

Eine weitere Einsicht hilft, Performance Chasing vorzubeugen:

Vermögen kommt nicht über Nacht.

Die Renditen der Kapitalmärkte sind begrenzt. Zweistellige Renditen wirst du langfristig nicht erreichen können – schon gar nicht nach Abzug der Inflation. Unter den Top 10 der schlechtesten Ratgeber liegt Gier auf Platz 1.

 

Fazit

Bei der Renditejagd rennt dummes Geld vergangenen Renditen hinterher. Das kostet Privatanleger auf lange Sicht ein kleines Vermögen. Die Lösung ist konsequentes Buy-and-Hold. Dafür gilt es:

  • Zu akzeptieren, dass die Entwicklung der Märkte nicht vorherzusagen ist
  • Zu akzeptieren, dass du nicht über Nacht reich wirst
  • Medien zu ignorieren, die ständig von neuen Chancen und Risiken schreiben
  • Und vor allem: Zu versuchen ruhig zu bleiben, wenn die Kapitalmärkte auf und ab hüpfen

Warst du schon einmal auf Renditejagd?

Dein Finanzkoch
Christoph Geiler

1* vgl. Souverän Investieren mit Indexfonds & ETFs, Gerd Kommer, 4. Auflage, S. 20

Bildquelle: © Sergey Nivens – fotolia

Portrait vom Autor dieses Artikels
Über Christoph Geiler

Als Finanzberater bin ich auf die Themen Finanzplanung, Geldanlage und Altersvorsorge spezialisiert. Als Finanzkoch bin ich konzeptionell tätig und erstelle Inhalte. In meiner Freizeit schwinge ich den Kochlöffel, treibe Sport und spiele mit meinem Sohn.